Marko Peters vom vom »Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Jachad« über den Streit um die Vergabe des Göttinger Friedenspreises an eine BDS nahestehende Gruppe

»Die Jury muss neu besetzt werden«

Trotz der Proteste des Zentralrats der Juden hält die Stiftung Dr. Roland Röhl an der Vergabe des Göttinger Friedenspreises an den Verein »­Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« fest. Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, kritisierte den Verein wegen seiner Nähe zur BDS-Kampagne. Die Jungle World sprach mit Marko Peters vom »Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Jachad« aus Göttingen darüber, warum sich die Sparkasse Göttingen, die Universität und die Stadt nun vom Friedenspreis zurückgezogen haben.
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Welche Konsequenzen fordern Sie in der Sache?
Der Rückzug von Stadt, Sparkasse und Universität aus der diesjährigen Preisverleihung sind öffentlichkeitswirksame Manöver, die das Problem nicht substantiell lösen. Vielmehr muss aufgearbeitet werden, weshalb die »Jüdische Stimme« der Jury prämierungswürdig erscheint und wieso das Kuratorium erst nach heftigem öffentlichem Druck intervenierte. Entweder muss die Jury neu besetzt werden, oder aber dem Friedenspreis sollte die öffentliche Unterstützung entzogen werden. Wenn tatsächlich nichts geschieht, um solche Vorkommnisse in Zukunft auszuschließen, müssen Stadt und Univer­sität die Zusammenarbeit mit der Stiftung einstellen und sich von ihr entflechten: Der Pressesprecher der Universität ist zum Beispiel zugleich Sprecher des Friedenspreises.

Erhalten Sie für Ihre Forderungen Unterstützung von lokalen linken Gruppen?
Die meisten linken Stadtgruppen haben sich bisher nicht geäußert. Wie so oft bleibt es ruhig, wenn es nicht um historische Gedenk­arbeit geht, sondern um aktuelle Erscheinungsformen des Antisemitismus.

Auch der Kreisverband der CDU schwieg während der Debatte, obwohl auf dem Bundesparteitag 2016 die »Missbilligung und Ablehnung jeglicher BDS-Aktivitäten« und israelfeindlicher Aktionen beschlossen wurden. Wie erklären Sie sich das?
Der örtliche Kreisverband war nie stark an Debatten beteiligt, wenn es um die Verurteilung antiisraelischer Umtriebe in der Stadt geht. Gleiches gilt für die lokalen Jugendorganisationen, bei denen uns diese Zurückhaltung angesichts ihrer engen Verflechtungen mit den Göttinger Studentenverbindungen kaum verwundert.

Wie haben die anderen Parteien reagiert?
Die Grünen sehen sich außerstande, die Prämierung zu verurteilen. Sie schlagen stattdessen einen runden Tisch vor, an dem dann diskutiert werden kann, ob man das Existenzrecht Israels in seiner derzeitigen Form anerkennt. Die BDS-Bewegung behauptet zwar auch, für das Existenzrecht zu sein, ihre konkreten Forderungen laufen aber auf die Abschaffung des jü­dischen Staates hinaus.

Göttingen geriet in den vergangenen ­Jahren häufiger wegen antizionistischer Aktivitäten in die Schlagzeilen. Ist die Stadt ein Hotspot für solche Einstellungen?
Göttingen hat als Universitätsstadt ein starkes sich als links verstehendes Bürgertum. Dessen politische Wurzeln liegen in der Israel nicht gerade freundlich gesinnten Friedensbewegung der achtziger Jahre. Antizionistisches Engagement geht hier vor allem von Professoren und pensionierten Lehrern aus. Dieses Milieu organisiert und unterstützt regelmäßig antiisraelische Veranstaltungen wie beispielsweise die »Nakba«-Ausstellung vor drei Jahren. Auch die derzeitige Universitätsleitung scheint mit Antisemitismus und ­Antizionismus immer erst dann ein Problem zu haben, wenn der öffentliche Druck zu groß wird.