Imprint - Abdruck aus »Die Juden in der arabischen Welt«

Zweierlei Vertreibungen, zweierlei Integration

Die jüdischen Flüchtlinge aus den arabischen Staaten, ihre Bedeutung für Israel und der arabisch-islamische Antisemitismus. Vorwort zu Georges Bensoussans Studie »Die Juden in der arabischen Welt«.
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1975 wurde in Paris die World Organization for Jews from Arab Countries gegründet, die seitdem in Tel Aviv ansässig ist, 2002 in den USA das Bündnis Justice for Jews from Arab Countries. Das israelische Parlament hat über die Jahrzehnte ein Dutzend Resolutionen zu den aus den arabischen Ländern geflohenen und vertriebenen Juden verabschiedet und 2010 den Beschluss gefasst, dass keine israelische Regierung ein Friedensabkommen unterzeichnen dürfe, das nicht auch die Frage der Entschädigung der jüdischen Flüchtlinge aus den arabischen Ländern und aus dem Iran regele. 2012 hat das israelische Außenministerium erstmals eine Kampagne für »Justice for Jewish Refugees from Arab Countries« lanciert, und 2014 hat die Knesset ein Gesetz verabschiedet, das den 30. November zum Gedenktag an Flucht und Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern und dem Iran erklärt.

Doch außerhalb Israels sind Diskriminierung, Flucht und Vertreibung der Juden aus den islamisch dominierten Staaten weiterhin kaum ein Thema. Wer, außer ein paar Spezialisten, weiß schon etwas über die Pogrome im marokkanischen Oujda und Jérada 1948, die in der nun auf Deutsch vorliegenden und 2017 im französischen Original erschienenen Studie von Georges Bensoussan eine wichtige Rolle spielen? Oder über den Farhud in Bagdad, jenes Pogrom des Jahres 1941, das den Auftakt für das Ende der über zweieinhalbtausend Jahre alten jüdischen Gemeinde im Irak bildete? Und wem ist heute noch bewusst, dass Ende der dreißiger Jahre 33 Prozent der Bevölkerung der irakischen Hauptstadt jüdisch waren, ein größerer Anteil als zur selben Zeit in Warschau oder in New York?

Würde es mit rechten Dingen zugehen, wäre bei jeder Diskussion über den Konflikt Israels mit seinen arabischen Nachbarn nicht nur von jenen etwa 750 000 Palästinensern die Rede, die als Folge des von den Nachbarstaaten Israels mit Unterstützung der arabisch-palästinensischen Nationalbewegung ausgelösten Krieges von 1948 geflohen sind oder vertrieben wurden, sondern stets auch von der Flucht und Vertreibung nahezu aller Juden aus der arabischen Welt.

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