Frankfurter Kopftuchkonferenz

»Versuch, ein Exempel zu statuieren«

Susanne Schröter wurde über Wochen beleidigt und bedroht, weil sie Kopftuchkritikerinnen zu einer Konferenz eingeladen hatte. Doch die Rassismus-Kampagne gegen die Frank­furter Ethnologin lief ins Leere.

Es war kein guter Tag für Zuher Jazmati. Über Wochen hatte der Marburger zu Protesten gegen die Konferenz »Das islamische Kopftuch. Symbol der Würde oder der Unterdrückung?« an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main aufgerufen. Nun stand er im Nieselregen und gerade einmal eine Handvoll Demonstrantinnen sowie ein mit Friesennerz bekleideter Mitarbeiter der Hochschule protestierten gegen die von Susanne Schröter, Ethnologin und Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums »Globaler Islam«, organisierte Veranstaltung. »Ich bin schon enttäuscht, dass keine Fachschaft sich dem Protest angeschlossen hat«, sagte Jazmati der Jungle World. Auch die Forderung, Schröter von der Universität zu werfen, zeitigte so wenig Wirkung wie die anonymen Beleidigungen und Bedrohungen von Islamisten, die die Professorin über sich ergehen lassen musste.

Auf der Kundgebung vor dem »Exzellenzclustergebäude Normative Ordnungen« an der Max-Horkheimer-Straße, in dem die Kon­ferenz stattfand, gab sich Jazmati eher kleinlaut. »Es ging nicht darum, die Konferenz zu verhindern, wir wollten nur ein ausgewogeneres Podium mit mehr Frauen mit einer positiven Einstellung zum Kopftuch.« Was man so sagt, wenn man als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet ist.

»Mit dem ­Begriff ›antimuslimischer Rassismus‹ hat man geglaubt, mich zum Aufgeben zu bringen. Ich bin sehr froh, dass die Kampagne im Abseits gelandet ist«

»Die Proteste gegen die Konferenz waren der Versuch, ein Exempel zu statuieren«, sagte Schröter der Jungle World. Das Ziel sei es gewesen, zu verhindern, dass über das Kopftuch gesprochen wird. »Und über den Islam sollen nur noch Muslime diskutieren. Mit dem ­Begriff ›antimuslimischer Rassismus‹ hat man geglaubt, mich zum Aufgeben zu bringen. Ich bin sehr froh, dass die Kampagne im Abseits gelandet ist«, so Schröter. Die unterschiedlichsten Akteure aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft hätten sich auf ihre Seite gestellt und klar gemacht, dass Forschung zum politischen Islam möglich sein müsse: »Dieser Angriff konnte komplett abgewehrt werden.«

Susanne Schröter ist unter anderem Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam.

Bild:
Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Sofort nach den Angriffen äußerten die Hochschulleitung und der AStA ihre Unterstützung für Schröter. Letzterer allerdings nicht ohne jede Kritik. Die Feminismusreferentin Fatma Keser war mit der Auswahl der Konferenzteilnehmer nicht zufrieden: »Einer Islam-Apo­logetin wie Khola Maryam Hübsch sollte kein Forum geboten werden«, weil diese beispielsweise Zwangsehen verharmlose. Keser geht die Indifferenz der Universität zu weit: »Hier können auch Veranstaltungen mit BDS-Aktivisten und anderen Antisemiten stattfinden.« Der AStA habe sich nicht wegen der Meinungsfreiheit hinter Schröter gestellt, sondern weil sie wichtige Arbeit zu Islamverbänden leiste.

Mit 700 Anmeldungen war die Konferenz, von der Schröter erst befürchtet hatte, sie würde den vorgesehenen Raum nicht füllen, gleich mehrfach ausgebucht. Die Universität streamte die Veranstaltung in einen weiteren Raum und im Internet, um möglichst vielen Menschen zumindest indirekt die Teilnahme zu ermöglichen.

Auf der Konferenz zeigte Schröter auf, dass das Kopftuch nicht nur ein Kleidungsstück ist, sondern oft der erste Schritt zur Islamisierung ganzer Gesellschaften. Ob Indonesien oder Ägypten – was vor Jahrzehnten mit einer harmlos daherkommenden Kampagne für das Kopftuch begonnen habe, habe damit geendet, dass sich Frauen in der Öffentlichkeit verhüllen müssen. Es gebe sogar einige islamische Geistliche, die Männern das Recht zugestehen, Frauen zu vergewaltigen, die sich nicht an die islamischen Kleidervorschriften halten. Das Kopftuch habe eine private und eine systemische Bedeutung: »Ein Kopftuch sagt nichts über die Trägerinnen aus«, sagte Schröter. Eine Frau könne Feministin sein und ein Kopftuch tragen. »Niemand hat das Recht, eine Frau mit Kopftuch zu beleidigen«, so Schröter.

Doch wo das Tragen des Kopftuchs vom politischen Islam gefordert werde, sei die Freiheit von Frauen in Gefahr. Argumente, die Hübsch, die Mitglied der Ahmadiyya-Gemeinschaft ist, nicht weiter interessierten. Sie kritisierte, obwohl sie selbst als Referentin eingeladen war, wie Zuher Jazmati die Teilnehmerliste der Konferenz als einseitig und sagte, Frauen müsse es selbst überlassen sein, ob sie ein Kopftuch tragen oder nicht.

Alice Schwarzer, die seit Jahrzehnten vor dem Islamismus warnt und der ebenso lange vorgeworfen wird, eine Rassistin zu sein, sah die Meinungsfreiheit in Gefahr. Hätten Frauen in der muslimischen Kultur die Wahl, würden sie in »überwältigender Mehrheit« kein Kopftuch tragen. In Deutschland werde man als Rassist beschimpft, wenn man sich gegen das Kopftuch äußere. Schwarzer meinte, es sei »höchste Zeit für das Ende der Sprechverbote«. Dass es die so nicht gibt, zeigte schon die Solidarität, die Schröter erfuhr. Aber bei einer Frau, der so oft und so lange übel mitgespielt wurde wie Schwarzer, ist es durchaus verständlich, wenn es mal zu einer Überreaktion kommt.