Das Medium - Handarbeiterei

Aus dem Nähkästchen

Den Morgenmittag eines sehr heißen, ach was, des bisher heißesten Tages dieses Jahres damit zu verbringen, über Penisse und die SPD zu schreiben, ist sehr kräftezehrend, weswegen in dieser Kolumne nun auch einfach bloß gejammert wird. Über abscheuliche Ungerechtigkeiten wie die, dass es draußen Sommer ist und man nicht am und im Wannsee herumliegen kann, weil dies und das und jenes noch zu tun ist. Und außerdem ist da ja auch noch das große Projekt Barbiefotos auf Instagram. Das hat einen großen Fortschritt gemacht, denn es kam ein Paket mit Häkelwolle an, was gut ist, weil die Barbies nun schöne Sachen zum Anziehen bekommen können, aber auch ein bisschen schlecht ist, weil die Häkelei und ich, das ist so eine Sache. Der einzige vorzeigbare Erfolg von mehreren Jahren Häkel- und Strickunterricht in der Grundschule waren rosa-weiße Topflappen, die meine Mutter (weil sie das Elend nicht mehr länger mitansehen wollte) fertiggestellt hat, dann aber wegen schwerer Löchrigkeit nie in Betrieb genommen hat, und ein Paar Handschuhe in kratzig-blau, die zum Zeitpunkt des Produktionsendes (durch meine Großtante, weil sonst niemand in der Familie stricken konnte) leider bereits zu klein waren, am Ende aber doch alles nicht so schlimm, denn da war der Winter eben auch schon zu Ende.

Das Beste an der schulischen Handarbeiterei war aber, dass Frau Findikgül uns währenddessen Geschichten vorlas, die jedoch samt und sonders so spannend waren, dass es natürlich unmöglich war, auf solchen Blödsinn wie Maschenanzahl und gleichmäßige Fertigung zu achten, weswegen am Ende alle Kinder Aufmunterndes ins Zeugnis eingetragen bekamen. Und nun liegt hier Wolle in wundervollsten Farben und natürlich eine schön kolorierte Häkelnadel und wer weiß, wie das nun wieder endet. Wünscht mir Glück.