Homestory #23

Nackte Hintern und Sonnenbrand im Schambereich: Enthüllungen aus der Jungle World-Redaktion.

Die Temperatur steigt und die Kleidungstücke werden immer lästiger. »Ich finde die Tabuisierung von Nacktheit albern, diese Schamkultur lehne ich ab«, meint ein Kollektivmitglied der Jungle World, das bereits seine Schuhe ausgezogen hat. Mit den nackten Füßen ist er zwar nicht allein, doch noch sind der Ablehnung der Schamkultur in den Redaktionsräumen Grenzen gesetzt: Obwohl es dort schon wieder unerträglich heiß geworden ist, käme niemand auf die Idee, sich vor den Kolleginnen und Kollegen nackig zu machen.

In der Frage des Dresscode am Badesee gibt es hingegen klare, wenn auch widerstreitende Positionen. »Ich fühle mich körperlich nicht integer, wenn ich mich nackt vor anderen zeigen soll«, sagt ein Kollege. Das habe er schon in Umkleidekabinen furchtbar gefunden, und man sieht ihm an, dass allein der Gedanke an vergangene Gemeinschaftsduschen ihn bedrückt. »Ich will mir einfach aussuchen, wer meinen Körper nackt sieht«, heißt es an einem anderen Büroplatz. Andere sehen das Nacktbaden vor allem pragmatisch. Man müsse anschließend keine nassen Badesachen mit sich her­umschleppen, werde nahtlos gebräunt und außerdem sei das Gefühl, den nackten Hintern in die Sonne zu halten, »schwer zu toppen«. Andere in der Redaktion verweisen dagegen auf die Gefahr eines Sonnenbrands an empfindlicheren Körperstellen. Es gibt sogar bei der Jungle World einzelne, die generell nicht gerne an den Strand oder ins Wasser gehen. Doch das sind Ausnahmen. Die meisten baden nicht nur gern, sie finden auch nichts verwerflich am nackten Schwimmen und Sonnenbaden. Nur nicht unbedingt bei Ballermannatmosphäre.

Das Erlebnis wirkt auf viele Zugezogene verstörend. German sausage party tauften US-amerikanischen Expats unter Eindruck des Freikörperkulturschocks das Phänomen. Nacktbadende Menschenmassen sind allerdings selbst im anderorts als notorisch nudistenfreundlich geltenden Deutschland inzwischen eine Seltenheit, wie unsere Autorin Xenia Balzereit berichtet.

Im Vergleich dazu tendiert die Redaktion Ihrer Lieblingszeitung da eher zu leben und leben lassen. Von der Bade- auf die Bürokultur zu schließen, wäre allerdings vorschnell. Denn wo die Differenzen über Erstere schnell und unkompliziert geklärt werden konnten, hat der subversive Kampf um Letztere mit den nackten Füßen erst begonnen.