Querfront der Judenhasser

»Israel ist unser Unglück«

Neonazis, Islamisten und linke Antiimperialisten haben eines gemein: ihren glühenden Hass auf Israel.
Kolumne Von

Ein Gutes hatte die Europawahl: Nachdem sie vorbei war, verschwanden die meisten Wahlplakate schnell wieder aus dem Stadtbild. Doch nicht überall – an manchen Stellen hingen plötzlich ­sogar neue. Sie kamen von der neonazistischen Kleinpartei »Die Rechte«.

Die beispielsweise in Berlin am Alexanderplatz, am Reichstagsufer und vor dem Hauptbahnhof neu aufgehängten Plakate forderten: »Israel boykottieren!« Ergänzt wurde das durch eine in anti­zionistischen Kreisen beliebte und bereits vielfach widerlegte Illustration des »Verlusts des palästinensischen Landes«. Mithilfe von fünf in chronologischer Reihenfolge angeordneten Karten suggeriert diese eine systematische Vertreibung der Palästinenser von 1946 bis 2015. Daneben stand der Aufruf, »Vertreibung und Landraub« zu stoppen; »acht Millionen palästinensische Flüchtlinge« wollten schließlich zurück in »ihr Land«.

Dass eine Neonazipartei antisemitisch ist, sollte nicht überraschen; dass sie ihre Judenhass derart offen nach außen trägt, stellt aber eine neue Qualität dar.

Das Plakat liest sich, als hätte »Die Rechte« die Inhalte direkt von der antisemitischen BDS-Kampagne (»Boycott, Divestment and Sanctions«) übernommen und mit überschwänglichem Eifer weiter ausgeschmückt. Während BDS von »ethnischen Säuberungen« spricht und die Rückkehr von sechs Millionen palästinensischen Flüchtlingen fordert, ist »Die Rechte« gleich mit acht Millionen ­Geflüchteten dabei. Sie bedient damit ein klassisches Motiv des sekundären Antisemitismus: Historische Schuld und Aufarbeitung der Vergangenheit werden durch Täter-Opfer-Umkehr abgewehrt; deutsche Verbrechen werden auf die Jüdinnen und Juden respektive den jüdischen Staat projiziert.

Überraschend ist das nicht. Mit verschiedenen antiisraelischen Wahlplakaten und der zurzeit inhaftierten, mehrfach wegen Holocaustleugnung verurteilten Ursula Haverbeck als Spitzenkandidatin für die diesjährige Europawahl scheint die neonazistische Kleinpartei ungenierten Antisemitismus seit längerem zu ihrem Marken­zeichen auserkoren zu haben. Dass eine Neonazipartei antisemitisch ist, sollte zwar nicht überraschen; dass sie diesen Antisemitismus derart offen nach außen trägt, dürfte aber durchaus eine neue Qualität darstellen.

Der alljährliche »al-Quds-Marsch«, der am Samstag erneut in Berlin stattfand, kam für »Die Rechte« offenbar gerade recht, um im Gefolge der Europawahl ihren Antisemitismus zu verbreiten. Da das Berliner Straßengesetz eine Frist von sieben Tagen vorsieht, innerhalb der die Parteien ihre Plakate nach einer Wahl abgehängt haben müssen, nutzte die Neonazipartei die Gelegenheit, sich mit den neu aufgehängten Plakaten zu profilieren und sich an der ­antisemitischen Stimmungsmache von Islamisten und Antiimperi­alisten zum »al-Quds-Tag« zu beteiligen.

Wenig mehr als 1 000 Menschen nahmen diesmal am Berliner »al-Quds-Marsch« teil. Das waren zwar deutlich weniger als 2018, als etwa 1 600 Hizbollah- und Hamas-Anhänger durch die City-West gezogen waren. Dieser Rückgang könnte aber am Wetter gelegen haben. Neben Kadern der maoistischen Schlägertruppe »Jugendwiderstand« war auch der stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner NPD, Uwe Meenen, zugegen, während »Die Rechte« beim »Tag der deutschen Zukunft« in Chemnitz marschierte.

Bereits vor der Europawahl hatte »Die Rechte« mit ihren Plakaten Kontroversen ausgelöst. Eines davon zeigte den Slogan »Zionismus stoppen: Israel ist unser Unglück«. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster sah darin eine Abwandlung der in der NS-Zeit propagierten Hassparole »Die Juden sind unser Unglück« und verbot das Plakat in einem Eilbeschluss nach Verwaltungsrecht. Staatsanwaltschaften in Duisburg und Karlsruhe sahen mit dem Plakat den strafrechtlichen Tatbestand der Volksverhetzung allerdings nicht als erfüllt an.

Die in Berlin neu aufgehängten Plakate mögen mit ihrer vordergründigen Botschaft zwar nicht strafbar sein, doch der zeitliche Kontext ihres Erscheinens und die Stoßrichtung des Wahlkampfs zeigen eindeutig, worum es der Partei »Die Rechte« geht. Darin ist sie sich mit den Islamisten und linken Antiimperialisten vom »al-Quds-Tag« einig: Der Jud’ ist schuld!