Das Medium - Politplatzhirsche

Die Kerle kannten sich aus

Nein, es war nicht immer leicht bei der Jungle World.

Da hat man gerade herausgefunden, wie der Neonazi, der mutmaßlich den Regierungspräsidenten Walter Lübcke ermordete, mit vollem Namen heißt, und seinen Youtube-Kanal hat man auch gefunden, und dann fällt einem wieder ein, dass man ja dummerweise damals vor etwas mehr als 20 Jahren eine Wochen- und keine Tageszeitung mitgegründet hat und deswegen alle diese interessanten Informationen gar nicht erst aufschreiben braucht. Weil sie nämlich bis Donnerstag sowas von old news sind, dass jeder dazu gesagt hat, was es zu sagen gibt. Damals, als die Idee aufkam, gemeinsam eine Wochenzeitung zu machen, war ich nur mäßig begeistert. Und hatte das den Politplatzhirschen auch so mitgeteilt: »Euch ist aber schon klar, dass dann ganz anders geschrieben werden muss, weil tagesaktuelle Berichte fehl am Platz sind?«

Daraufhin wich die große Euphorie über das große Geldverdienen kurz einer gewissen Entgeisterung. Aber dann tätschelte mir einer den Kopf, wie es die, die heute nicht mehr bei dieser Zeitung sind, immer gern taten, und das nicht immer im übertragenen Sinne (manche reden heute noch in Babysprache mit mir). Es dauerte übrigens nur noch ein, zwei Tage, bis meine Anmerkung über die generellen Unterschiede von Tages- und Wochenzeitungen im ganz großen Gestus (und fast wortgleich) von einem der damaligen Politplatzhirsche auf der Konferenz vorgebracht wurde, woraufhin alle anderen Politplatzhirsche gewichtig nickten und die Feuilletonredakteurin und mich strafend anguckten, weil wir uns des Ernstes dieses Moments offenkundig nicht bewusst waren und es wagten zu lachen. Was natürlich nicht ging: Da erklärte uns Trottelinnen einmal ein wirklicher Journalismusexperte die Welt und wir hörten nicht zu. Nein, es war nicht immer einfach mit dieser Zeitung.