Neues Hochschulgesetz in NRW

Forschen fürs Militär

Die Hochschulreform in NRW verschlechtert die Lage von Studierenden und Lehrenden. Das Militär dürfte sich dagegen freuen.

Bereits in den Koalitionsverhandlungen im Jahr 2017 wurde es vereinbart: Die künftige nordrhein-westfälische Landesregierung aus CDU und FDP wollte ein neues Hochschulgesetz erarbeiten. Neben der Möglichkeit, Anwesenheitspflichten wiedereinzuführen und die Zivilklauseln in den Grundordnungen der Universitäten abzuschaffen, erörterten die Verhandlungspartner damals auch, nach dem Vorbild Baden-Württembergs Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer einzuführen.

Zumindest diese Gebühren gehören nicht zu den Bestimmungen des neuen Gesetzes. In der vergangenen Woche, rund zwei Jahre nach den ersten Beratungen, hat die Regierungskoalition es verabschiedet – während etwa 250 Studentinnen und Studenten vor dem Landtag protestierten. Mit dem kommenden Wintersemester sollen die Neuerungen in Kraft treten. Die Landesregierung hatte die Gesetzesänderung unter das Motto »Autonomie der Hochschulen« gestellt. »Das geänderte ­Gesetz soll die Hochschulen in Trägerschaft des Landes schnell von zentraler Steuerung durch das Land und von unnötigem bürokratischem Aufwand befreien«, hatte sie als Ziel formuliert.

Was das konkret bedeutet, lässt sich an der im Zug der Gesetzesänderung ­erfolgten Abschaffung des »Rahmen­kodexes für gute Beschäftigungsbedingungen« zeigen, der von der rot-grünen Vorgängerregierung ins Hochschulgesetz aufgenommen worden war. Diesen Rahmenbedingungen zu­folge musste beispielsweise eine Hochschule einem neuen Beschäftigten den Zeitraum anrechnen, den er an seiner vorherigen Hochschulen in einer bestimmten Entgeltstufe abgeleistet hatte. So gelangten die Beschäftigten schneller in die nächsthöhere Entgeltstufe. Die Vergabe von Teilzeitstellen musste sachlich begründet werden, die Wünsche von Mitarbeitern in Teilzeit mussten berücksichtigt werden, wenn Vollzeitstellen frei wurden. Was die Landesregierung als Zuwachs an Autonomie der Hochschulen verkauft, ist also eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Beschäftigte.

Die heftigste Kritik am neuen Hochschulgesetz kommt vom »Landes-­ASten-Treffen NRW«, dem Zusammenschluss der Allgemeinen Studierendenausschüsse in Nordrhein-Westfalen. Dieses rief bereits im Mai 2018, als der Referentenentwurf der Gesetzesänderung öffentlich wurde, zu Protesten auf. Die Studentinnen und Studenten zeigten sich allerdings mehrheitlich desinteressiert.

Kritik der Studierendenvert­retungen

Die Studierendenausschüsse bemühten sich auch um Gespräche mit den Regierungsparteien und der ­Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poens­gen (parteilos) – ohne Erfolg. So bleiben nach Verabschiedung der ­Reform als Einflussmöglichkeit nur die Studienbeiräte, die paritätisch mit Studierenden und Lehrpersonal besetzt sind. Ab Oktober soll in diesen Gremien über die Einführung von Anwesenheitspflichten entschieden werden. ­Allerdings gibt es auch noch die Fachbereichsräte, in denen die Studierenden nicht vertreten sind und die die Anwesenheitspflicht auch gegen die Studienbeiräte durchsetzen können.

Die Kritik der Studierendenvert­retungen fällt deutlich aus. Vor allem über das Gesetzgebungsverfahren ­beschwert sich die Sprecherin Katrin Lögering im Gespräch mit der Jungle World. »Wir hatten uns eine andere Zusammenarbeit mit der Landesregierung gewünscht. Für uns war es wichtig, auch den Dialog mit der Politik zu ­suchen und ein Gesetz zu schaffen, das gerade für Studierende sowie die ­Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Hochschulwesen eine Verbesserung darstellt.« Nun stünden diese beiden Gruppen als die großen Verlierer da.

Im höchsten demokratisch gewählten Gremium einer Hochschule, dem Senat, muss künftig kein rechtlich vorgegebenes Verhältnis mehr zwischen den verschiedenen Statusgruppen ­eingehalten werden. Zu diesen gehören neben den Studierenden die Professoren, die akademischen Mitarbeiter und die Beschäftigten in Technik und Verwaltung. Bislang durfte die Gruppe der Professoren höchstens eine Stimme mehr haben als jede der anderen Statusgruppen.

Es gibt eine weitere erhebliche Änderung: Die Hochschulen müssen in ihren Grundordnungen keine sogenannten Zivilklauseln mehr führen, mit denen sie sich zur nichtmilitärischen Forschung verpflichteten. Noch stehen die Klauseln zwar in den Grundordnungen, der Senat kann diese aber mit Zweidrittelmehrheit ändern und so die ­Forschung für militärische Zwecke ermöglichen. Und Senatsmehrheiten l­assen sich künftig wohl einfacher beschaffen.