Krauts und Rüben – der letzte linke Kleingärtner, Teil 54

Vom Scheitern der großen Sache

Seite 2 – Der Kleingärtner muss es selbst richten

Zu den besseren Erinnerungen gehört die Dreifach-LP – nein, kein Schreibfehler, die LP beziehungsweise die Langspielplatte war in der Vergangenheit ein weitverbreitetes Medium für Musik – von The Clash. Sie hieß »Sandinista!« und begleitet mich manchmal bei der Gartenarbeit – wobei sich dann gleich wieder Traurigkeit einstellt: Die Sandinisten sind gescheitert und Joe Strummer von The Clash ist nicht mehr unter uns. Obwohl Helden doch eigentlich nie sterben.

Es hat also keinen Zweck. Der Kleingärtner muss es selbst richten. Wie auf die Sandinisten kein Verlass war, so ist auch kein Verlass auf die obligatorischen Gartentipps in den Zeitungen. Es sind immer die gleichen Artikel zum gleichen Zeitpunkt im Jahr. Da ist die Rede von Schädlingen, also Schnecken, Engerlingen, Raupen, Blattläusen und so weiter. Richtig, Blattläuse laben sich an den Stengeln der Dicken Bohnen und anderer Pflanzen. Aber warum die Aufregung? Es geht alles seinen geordneten Gang. Immer locker bleiben und den inneren Öko befragen. Der kommt schnell darauf, dass diese Widerlinge auch ihre natürlichen Feinde haben: Marienkäfer; orange oder rot mit schönen schwarzen Punkten. Als Fußballfan sind die mir sehr sympathisch wegen dieser Punkte und als Kleingärtner wegen ihrer Fressleistung.

Also, nur die Ruhe bewahren, auf die chemische Keule verzichten und dem Substantiv »Kreislauf« unvoreingenommen begegnen. Alles wird gut. So ganz unsympathisch sind die Ökos auch gar nicht. Wenn sie nur nicht häufig so bierernst und moralinsauer wären. Und ja, von Ökonomie verstehen sie eher nichts. Das ist für sie so etwas wie Ökumene – viel Gelaber, viel Wohlfühlen und sich ge­genseitig gut zureden. Aber als Kleingärtner ist man eh republikweit der härteste Pragmatiker und kann deshalb auch mit dieser Problemgruppe ganz gut.

Was läuft ansonsten im Garten? Mangels Regen kann ich dieses Jahr die Ziele nicht ganz so hoch stecken bei Salaten, Zucchini, Gurken und den noch lange nicht reifen Kartoffeln und Kürbissen. Dafür hat aber die Ernte der Buschbohnen schon begonnen und bald landen die ersten Schoten der Stangenbohnen in meinem Körbchen. In diesem Land wird doch eigentlich ständig irgendeine nationale Kraftanstrengung unternommen, für E-Tretroller, für Autofahrer, für den Fußball, für den Abbau von Überstunden bei der Polizei, für abgehängte Regionen, für die Bahn und für Flughäfen aller Größen. Wo aber bleibt die nationale Kraftanstrengung für die Kleingärtner? Nichts ist in Sicht, kein Wassercent, kein Soli, einfach nichts. Ob Nicaragua, ob Deutschland oder der Rest der Welt: Kleingärtner müssen alles selbst in die Hand nehmen. Ihnen hilft kein Gott, kein Kaiser noch Tribun. Und auf den Staat ist eh kein Verlass.