Eine Kulturgeschichte der Mauer

Gute Mauern, schlechte Mauern

Seite 7 – Die Geschichte der Mauer ist die Geschichte ihres Falls

Halten oder Überwinden, das ist oftmals die Frage. Darum sind in Historienfilmen oder Fantasy-Epen die Mauerkämpfe ein besonderes Spektakel. Man denke nur an »Der Herr der Ringe«, wo der Wall von Helms Klamm hart umkämpft ist und von 10 000 Uruk-hai-Kriegern belagert wird.

Oft bedurfte es keines schweren Geräts, damit Mauern fielen, manchmal reichte der Verrat. Einen solchen sieht Kulturwissenschaftler Thomas Macho beim biblischen Jericho am Werk, dessen Mauern Trompeten zum Einsturz gebracht haben sollen. Diese seien als Signal an Verbündete in der Stadt zu deuten, die Tore zu öffnen.

Berliner Mauer

Berliner Mauer 

Bild:
Verlag der Buchhandlung Walter König

Hilft auch ein Lied? David Hasselhoff glaubt angeblich nicht mehr, die Berliner Mauer mit seinem Gassenhauer »Looking for Freedom« zu Fall gebracht zu haben.

Zweifellos hilft eine Leiter. »Du zeigst mir eine 50 Fuß hohe Mauer, und ich zeige dir eine 51 Fuß hohe Leiter«, sagte ein US-Grenzwächter.

Das Loch in einer Mauer ist ein wiederkehrendes Symbol der Freiheit, das T-Shirts und Postkarten ziert. »Der Turm stürzt ein / Halleluja, der Turm stürzt ein«, sangen frohlockend Ton Steine Scherben. Geschleifte Mauern gelten als Zeichen der Veränderung.

Ein tief im kollektiven Bewusstsein verankertes Bild ist der Sturm auf die Bastille, der die Französische Revolution versinnbildlicht, so wie der Mauerfall 1989 das Ende des Kalten Krieges. Die Geschichte der Mauern ist immer auch die des Mauerfalls. Der Historiker Rafael Seligmann kommt zu dem Schluss, das Mauern sinnlos sind: »Die Menschen gelangen am Ende dorthin, wo sie hingelangen wollen. Sie müssen genug ­Geduld aufweisen, genug Energie, genug Gewalt, aber eine Mauer ist auf Dauer kein Konzept. Jede Mauer wird scheitern.«