Containern als Straftat

Mein Müll gehört mir

Seite 4 – Eigentum verpflichtet
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Andere Staaten gehen einen anderen Weg, um das Wegwerfen von Lebensmitteln im Handel zu reduzieren. In Frankreich gibt es seit 2015 ein Gesetz, das alle Supermärkte ab einer Größe von 400 Quadratmetern verpflichtet, ihre Lebensmittelreste zu spenden oder anderweitig verwerten zu lassen. Diese Lebensmittel gehen dann an Wohltätigkeitsorganisationen ähnlich den Tafeln, werden als Dünger verwendet oder faulen in Biogasan­lagen zur Stromgewinnung. Eine ähnliche Regelung hat nun auch Tschechien eingeführt. Diese wurde vom tschechischen Verfassungsgericht bestätigt, mit einem expliziten Verweis auf das Prinzip »Eigentum verpflichtet« in der tschechischen Grundrechtecharta, ähnlich dem Artikel 14 im deutschen Grundgesetz. In den Niederlanden testet eine Supermarktkette automatische Preissenkungen für Frischeprodukte. Rückt das Verfallsdatum näher, werden sie um bis zu 60 Prozent bil­liger.

Doch selbst wenn es gelänge, die Verschwendung von Lebensmitteln im Einzelhandel komplett zu unterbinden, wäre das Problem in Deutschland noch lange nicht gelöst. Der WWF geht von 14 Prozent Verteilungsverlusten in Groß- und Einzelhandel (an den Gesamtverlusten bei der Lebensmittelproduktion) aus, schätzt den Anteil der Endverbraucher aber deutlich höher ein: 39 Prozent seien Konsumverluste.

Dazu zählt alles, was aus Kühlschränken und Küchen in den Müll wandert. Auch wenn die Freeganer lieber den Handel, die Industrie oder das System als Ganzes angreifen wollen – hier kommt es tatsächlich auch auf die einzelnen Privathaushalte an. Würde dort die Menge weggeworfener Lebensmittel auch nur halbiert, wäre mehr erreicht, als der Handel überhaupt schaffen kann. Das weiß auch Nicole. Deshalb wäscht sie beim Containern gefundenes Gemüse immer gründlich und kocht manchmal noch mitten in der Nacht ein, damit nichts verkommt. Das mag uncool klingen, aber: Resteküche ist Klimaschutz – und Resteküche is not a crime.