Die Bevölkerung in Ecuador stimmt gegen Bergbauprojekte

Schützen statt schürfen

Seite 4 – Auf Konfrontationskurs
Reportage Von

Gegen 16 Uhr rollt der Geländewagen mit Pérez und seinem Team auf den Parkplatz des Restaurants. Wenig später sitzt der drahtige Mann mit Pferdeschwanz mit rund zwei Dutzend Besuchern am Tisch und spricht über seine ersten politischen Initiativen: darüber, gegen Plastikmüll aktiv zu werden, den Anbau von Bioprodukten zu fördern, Kläranlagen zu planen und ­intensivere gegen Unternehmen vorzugehen, die Flüsse und Seen ver­drecken. »Wir müssen mit unserer Umwelt anders umgehen, sie schützen. Deshalb planen wir auch ein Referendum, in dem die Bevölkerung darüber abstimmen soll, ob sie Bergbau in der Provinz will oder nicht«, erklärt der 50jährige. Das Referendum vom März in Girón galt nur für den gleichnamigen Kanton, der in der Provinz Azuay liegt. Bei den Zuhörern erhält er dafür Beifall. In der Provinz Azuay könnte das Referendum die Mehrheit der Stimmen erhalten, den schwelenden Konflikt mit der ecuadorianischen Regierung würde das weiter entfachen.

Dort ist die Bergbaulobby gut vernetzt und hat mit dem zuständigen ­Minister Carlos Pérez einen Fürsprecher. Mit dem Bergbau werde es so oder so weitergehen, sagte er Ende April in ­einem Interview mit der Tageszeitung El Comercio. »Carlos Pérez und die Lobby der Bergbauunternehmen suchen einen Ansatzpunkt, um das Instrument des Referendums, das in der Verfassung festgeschrieben ist, auszuhebeln«, kritisiert Alberto Acosta. Der ehemalige Präsident der Verfassunggebenden Versammlung Ecuadors ist ein kompetenter Kritiker der Regierung von Präsident Lenín Moreno. Ihm wirft er vor, eine wirtschaftsliberale Reform­politik zu betreiben und sie mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) abzustimmen, der Kredite genehmigt hat. Für Acosta sei das ein Rückschritt, der einhergehe mit der verstärkten Ausbeutung der natürlichen Ressourcen.

Politiker wie Yaku Pérez zeigen hier Alternativen auf. Mit fünf der insgesamt 24 Präfekten Ecuadors hat er sich abgestimmt und ist gewillt, neue poli­tische Initiativen anzugehen. Für Acosta sei dies ein Hoffnungsschimmer, denn derartige Initiativen stärkten nach Jahren des politischen Drucks unter dem ehemaligen Präsidenten Rafael Correa die Zivilgesellschaft sowie ­Parteien wie Pachakutik. Sie ist der politische Arm der indigenen Dachorga­nisation Conaie und für sie hat auch Yaku Pérez erfolgreich kandidiert. ­Dabei hat der redegewandte Jurist und Umweltschützer es geschafft, auch Wählerinnen und Wähler aus anderen Bevölkerungsgruppen für seine Ideen eines landwirtschaftlich orientierten, klimafreundlichen Entwicklungs­modells zu begeistern. Zum Müllsammeln am Río Paute nahe Cuenca kamen Anfang Juni 1 200 Menschen.

Bei den Zuhörern in El Chorro kommen seine Ideen ebenfalls gut an, auch wenn er deren Bitte, die Zufahrtsstraße auszubessern, nicht erfüllen kann. »Man hat uns die Präfektur mit 13 Millionen US-Dollar Schulden übergeben. Wir müssen uns auf das Nötigste beschränken«, sagt er mit einem entschuldigenden Lächeln und erntet Verständnis bei den Zuhörern, darunter Quesada und Patiño. Quesada war Anfang Juni dabei, als Pérez nach Quito reiste, um das Ergebnis des Referendums von Girón öffentlich vorzustellen. »Die Veranstaltung war gut besucht und es wurde viel diskutiert über das Instrument des Referendums und dessen Möglichkeiten für andere Gemeinden und Regionen«, sagt er.

Anders als erwartet war es jedoch nicht möglich, mit führenden Beamten der Ministerien einen direkten Dialog zu führen. »Immerhin haben wir unsere Petition überreicht, dem Referendum nun auch Folge zu leisten«, sagt Pérez. Er weiß genau, dass der Regierung der Widerstand aus Azuay ganz und gar nicht gefällt. Schließlich könnte das Beispiel Schule machen.

Die Recherche wurde vom Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. ­gefördert.