Studentenverbindungen in Österreich

Korporierte Kader

Egal ob FPÖ oder die Identitären: Burschenschafter dominieren in Österreich die rechtsextremistische Bewegung, sagt der Politologe Bernhard Weidinger.

In Österreich gab es schon immer einen starken Einfluss von Studentenverbindungen auf die Politik. Weshalb ist dieser Einfluss noch immer ungebrochen?
Zwei der drei großen Parteien in Österreich sind jeweils eng mit einer bestimmten Richtung des Verbindungswesens verkettet. Das ist im Falle der Volkspartei (ÖVP) das katholische Verbindungswesen und im Fall der Freiheitlichen Partei (FPÖ) das schlagende, völkische oder deutschnationale. Die FPÖ rekrutiert ihr Führungspersonal seit jeher aus diesen völkischen Korporati­onen, die umgekehrt ohne das Vehikel FPÖ politisch kaum mehr wahrnehmbar wären. Im Unterschied zu Deutschland sind die schlagenden Verbindungen in Österreich ganz auf diese eine Partei fixiert. Das ist auch Ausdruck ihrer größeren Homogenität. Sie stehen fast geschlossen am rechten Rand des Verbindungswesens.

Weshalb bekennen sich österreichische Studenten zu Deutschland?
Die Sichtweise, dass Österreich ein Teil der deutschen Nation sei und seine Bevölkerung ein Teil des deutschen Volkes, war in Österreich bis in die Zwischenkriegszeit hinein Konsens über alle politischen Lager hinweg. Die einzigen, die über die NS-Erfahrung hinaus daran festhielten, waren aber die Angehörigen des sogenannten Dritten Lagers, des national-freiheitlichen. Zu sagen: Ich bin Deutscher und Österreich ein deutsches Land, ist so etwas wie der Kernsatz burschenschaftlichen Glaubens in Österreich. Dieser stößt in Teilen der deutschen Burschenschaften aber auf wenig Gegenliebe. Inzwischen gibt es drei größere burschenschaftliche Dachverbände, von denen zwei keine österreichischen Burschenschaften als Mitglieder haben und einer davon, nämlich die Neue Deutsche Burschenschaft (NDB), diese sogar explizit ausschließt. Während die NDB Deutschland mit der Bundesrepublik identifiziert, vertritt die alte DB den sogenannten volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff, für den auch die Österreicher stehen.

Verbunden mit dem Bekenntnis zu Deutschland, beziehen sich die Burschenschaften auch auf die Märzrevolution von 1848.
Für die Burschenschaften ist 1848 natürlich ein attraktiver Bezugspunkt, weil er es ermöglicht, sich als Vorkämpfer bürgerlicher Freiheitsrechte zu inszenieren. An die Rolle als Avantgarde für den Nationalsozialismus in den drei­ßiger Jahren des 20. Jahrhunderts, als man vermeintliche Ideale von 1848 konterkarierte, erinnert man natürlich weniger gern. Der Bezug auf 1848 hinkt in Österreich auch insofern, als es damals in dem Land noch gar keine Burschenschaften gab, auch wenn der Aufstand in Wien unter anderem von burschenschaft­lichen Ideen inspiriert war.