Wohnungssuche per Matching-App

Tinder für Mieter

Seite 2 – Diskriminierung nur schwer nachzuweisen
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Das Machtgefälle zwischen Immobilienverwaltungen und Wohnungs­suchenden, das den umkämpften Wohnungsmarkt in großen Städten prägt, zeigt sich auch auf der Plattform. Während zunächst nur wenige Daten zur Wohnung und zum Vermieter abgefragt werden, sind es viele zu der Person, die sie mieten möchte – vor allem zu ihrer Zahlungsfähigkeit. Zwar muss sich auch der Vermieter mit einem Gewerbeschein verifizieren und erhält erst bei einem sogenannten Match vollen Einblick in das Profil der Suchenden, die auf der Plattform »Kandidaten« genannt werden.

Wohnungssuche im vordigitalen Zeitalter. So sah sie 1954 aus.

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Aus rechtlichen Gründen wird erst im Fall einer Interessensbekundung des Mietkandidaten dessen Klarname für den Vermieter sichtbar. Aber je nachdem, ob er Angaben zur Staatsangehörigkeit gemacht hat, welches Ausweisdokument er hinterlegt und welchen beruflichen und f­amiliären Status er angegeben hat, erscheinen diese Angaben sofort ein­sehbar im Profil. Avatare bebildern diese Profile. Zwei Erwachsene werden standardisiert als weißes, herausgeputztes heterosexuelles Pärchen in Anzug ­beziehungsweise kurzem Kleid abgebildet. Geschlecht wird durch stereotype Kleidung und Frisur dargestellt.

Aus der Vorauswahl sucht der Vermieter aus, wem er überhaupt ein Angebot sendet. Auch das macht es schwierig, Diskriminierung festzustellen, denn ein direkter Vergleich der ­eigenen mit anderen Bewerbungen ist den Wohnungssuchenden nicht möglich. Unter den Angaben zum Kandidaten finden sich diverse Bonitätsab­fragen, ganz so, als seien unzuverlässige Mietzahlungen die größte Gefahr für Vermieter und als hätten diese nicht auch rechtliche Mittel wie Kautions­einbehalt und Räumungsklage auf ihrer Seite. Dem statistischen Bundesamt zufolge machen Mietschulden nur drei Prozent aller Privatschulden in Deutschland aus. Und das, obwohl der Grund für die chronische Unterfinanzierung der Haushalte den Erhebungen zur Überschuldung zufolge ihre hohen Ausgaben für Miete sind.