Sun Ras »Space Is the Place« auf Blu-ray

Kosmische Emanzipation

Seite 3 – »Ich bin nicht echt«

Sun Ras Biograph John Szwed erwähnt den baptistischen Priester Reverend A. W. Nix aus Birmingham, Alabama, von dem die Aufnahme »The White Flyer to Heaven« aus den Zwanzigern datiert, die Ra vermutlich als Kind live erlebt hat: »Höher und höher! Wir werden in den zweiten Himmel übergehen. Den leuchtenden großen Himmel, und sehen die fliegenden Sterne und stürzenden Meteoriten. Und dann lassen wir den Mars und Merkur hinter uns und den Jupiter und die Venus. Und den Saturn und den Uranus, und den Neptun mit seinen vier funkelnden Monden.«

Afroamerikanische Autoren und Musiker wie Duke Ellington, Jean Toomer oder Johnny Griffin haben ebenfalls mit kosmischen Ideen gespielt, bevor Sun Ra sie zu einem Gesamtkunstwerk verwoben hat. »Ich weiß, dass ich nicht von diesem Planeten bin«, hatte etwa der Saxophonist Johnny Griffin erklärt. »Ich muss von irgendwo anders in dieses Universum gekommen sein, weil ich ein totaler Außenseiter bin.«

Ganz ähnlich formuliert es Sun Ra im Film »Space is the Place« von 1974, der soeben zum ersten Mal auf Blue Ray erschienen ist. Darin betritt Sun Ra, der sich selbst spielt, begleitet von zwei Wesen mit Masken der ägyptischen Gottheiten Anubis und Horus ein afroamerikanisches Jugendzentrum in Oakland, der Stadt, in der die Black Panther Party gegründet worden war.

Die Wände sind übersät mit Plakaten von Angela Davis, Eldrige Cleaver und anderen afroamerikanischen Ikonen, der Musiker wirkt in seinem bunten Gewand wie ein Fremdkörper im verrauchten Zentrum. Die Jugendlichen lachen ihn aus und fragen, ob er echt sei. »Ich bin nicht echt«, antwortet Sun Ra, »ich bin genau wie ihr. In dieser Gesellschaft existiert ihr nicht. Würdet ihr es, müssten eure Leute nicht für Gleichberechtigung kämpfen. Ihr seid nicht real. Also sind wir beide Mythen. Ich komme zu euch nicht als Realität, sondern ich komme zu euch als der Mythos, weil es das ist, was die Schwarzen sind: Mythen.«