Von Bienen und Schmetterlingen - Die Boxkolumne, Folge 3

»Eine Bande von Betrügern«

Wettkampfmanipulationen und Missmanagement: Das Internationale Olympische Komitee hat sich vom Boxverband Aiba getrennt.
Kolumne Von

Der Knockout kam nicht überraschend. Nach langen Debatten verkündete das Internationale Olympische Komitee (IOC) vor einigen Wochen den Ausschluss eines Mitgliedsverbands. Das Komitee, das nicht gerade als Hort der Fairness oder gar einer höheren Moral gilt, sah nach eigenem Bekunden keinerlei Möglichkeit mehr, mit der Association Internationale de Boxe Amateure (Aiba) weiterhin zusammenzuarbeiten. Die Ausrichtung der olympischen Boxwettkämpfe 2020 wird der Aiba ­entzogen und unter Aufsicht des IOC gestellt. Eine fünfköpfige »Task Force« unter Leitung des Präsidenten des Weltturnverbands, Morinari Watanabe, soll die Wettbewerbe überwachen.

Die Liste der Verfehlungen des Amateurboxverbands war zu lang: Neben dem jahrzehntelangen finanziellen Missmanagement schadeten vor allem die Vorwürfe der Wettkampfmanipulation dem Ruf der Organisation. »Die Aiba ist eine Bande von Betrügern«, sagte etwa der irische Boxer Michael John Conlan nach seiner Viertelfinalniederlage gegen den Russen Wladimir Nikitin bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro in einem Interview. Im olympischen Schwergewichts­finale siegte 2016 der russische Boxer Jewgenij Tischtschenko gegen Wassilij Lewit aus Kasachstan. Das Publikum quittierte die Entscheidung mit Buhrufen, weil Lewit der deutlich bessere Mann im Ring gewesen war. Auf die Manipulationsvorwürfe reagierte die Aiba damals nur halbherzig. Zwar zog der Welt­verband über 30 Ring- und Kampfrichter aus dem Turnier ab, aber kein Einzelergebnis wurde nachträglich beanstandet.

Auch das Regelwerk wird kritisiert. Das vor acht Jahren ein­geführte »Ten point must«-System erleichtert Experten zufolge Manipulationen. Die Punktrichter bewerten die Runden nämlich nicht nur anhand der Anzahl und Härte der Treffer, sondern auch anhand schwammiger Kriterien wie Dominanz im Ring oder Überlegenheit in der Technik.

Der Aiba gelang es zudem nicht, finanzielle Unregelmäßigkeiten aufzuklären. Der Verband hat Schulden in zweistelliger Millionenhöhe. Die Hoffnung auf Lizenzgebühren für sieben geplante olympische Qualifikationsturniere ist wegen der Entscheidung des IOC geplatzt. Eigenen Angaben zufolge hat die Aiba somit keine Einnahmequelle mehr und steht vor dem Bankrott.