Rassistische Hetzjagd in der DDR

Eine Stadt deckt ihre Täter

Seite 2 – Vertuschung des Doppelmords

Der Historiker Harry Waibel bezeichnete die Ereignisse als Pogrom. Seinen Forschungen zum Antisemitismus und Rassismus in der DDR ist es zu verdanken, dass das antifaschistische Selbst­verständnis des Staats und seiner Bevölkerung hinterfragt wurde und dass ein Dokument gefunden wurde, das die politische Vertuschung des Doppelmords belegt. Unter »Berücksichtigung der brüderlichen ­Beziehungen zwischen der DDR und der Sozialistischen Republik Kuba« sei entschieden worden, die Ermittlungen einzustellen, hieß es in dem ­Schreiben des Ministeriums für Staatssicherheit.

Umso erstaunlicher ist, dass selbst nach Ausstrahlung von drei Dokumentationen der MDR-Journalisten Christian Bergmann und Tom Fugmann in den vergangenen Jahren die Staatsanwaltschaft Halle nach einer Prüfung entschieden hat, die Ermittlungen nicht wiederaufzunehmen. Nach Sichtung der überlieferten Unterlagen findet sie »keine Anhaltspunkte für Manipula­tionen des Akteninhalts oder eine Verfälschung des Ermittlungsergebnisses«, wie aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion der Linkspartei hervorgeht.

Erneut vernommen wurde ­lediglich jene Gerichtsmedizinerin, die bereits 1979 keine Indizien für eine Fremdeinwirkung hatte entdecken können und die ihr damaliges Ergebnis nur ein weiteres Mal bestätigte. Angesichts der Tatsache, dass die Leichen erst nach drei beziehungsweise vier sommerlich heißen Tagen geborgen wurden, sie also einem beschleunigten Fäulnisprozess ausgesetzt waren, ist das freilich nicht verwunderlich.