Gespräch mit Eiman Seifeldin über die Rolle von Frauen bei den Protesten im Sudan

»Frauen stellen die Mehrheit auf der Straße«

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Interview Von

Welche Gründe für die Beteiligung der Frauen an den Protesten gab es noch?
Neben der Unterdrückung durch die Sharia beziehungsweise die »Gesetze der öffentlichen Ordnung« ist das ihre ökonomische Ausgrenzung. Es gibt Arbeitsverbote für Frauen, selbst im Kleinhandel, etwa beim Tee- oder Essensverkauf auf der Straße oder an Tankstellen. Als dieses Regime sich etablierte, entließ es massenhaft Frauen, etwa im Bildungsbereich. Sie wurden auf die Straße gesetzt, ohne Möglichkeit, einen anderen Beruf auszuüben. Besonders gefährdet sind Frauen in ländlichen Gebieten. Viele arbeiten unbezahlt mehr als 15 Stunden am Tag im landwirtschaftlichen Sektor, von frühmorgens bis spätabends, danach arbeiten sie zu Hause weiter im Haushalt – und das hart verdiente Geld fließt direkt an den Ehemann. Hinzu kommt die Bedrohung durch die Janjaweed, die Frauen vergewaltigen, wenn sie sie beim Sammeln von Feuerholz oder auf dem Weg zur Farm aufgreifen.
Die Frauen haben feststellen müssen, dass sie unter einem sehr radikalen islamischen Regime viel zu lange zu leiden hatten, während dieses Regime und seine Unterstützer stets behauptet haben: Der Islam respektiert die Frau. Das ist nicht wahr. Frauen sagen: Jetzt wollen wir unsere Freiheit, wir brauchen Veränderung! Ich sehe die Frauen in dieser Revolution als die Akteurinnen für Frieden in Sudan, weil Frauen das größte Interesse an einer tiefgreifenden Veränderung haben.

Was sind die politischen Forderungen der Frauen?
Die Frauen sind für ein Leben in Würde auf die Straße gegangen. Für eine Verfassung, die ihnen gleiche Rechte und Macht wie den Männern garantiert, die ihr Geschlecht respektiert, gleiche Partizipation am sozialen Leben zugesteht, um ihr Leben zu verbessern. Und um die oktroyierten islamischen Regeln aufzuheben, um ihre Freiheit zu erlangen.