Brasiliens Weg in den Faschismus

»Die Demokratie ist implodiert«

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Interview Von

Sie aber schon?
Ja, 2017 habe ich ein weiteres Buch geschrieben, in dem ich auf die Gefahr hinwies, die von Personen wie Bolsonaro ausgeht. Und ich habe vorhergesagt: Bolsonaro wird Präsident von Brasilien. Mit diesen Aussagen stand ich ziemlich lange allein da, niemand hat mich ernst genommen.

Wie wurden Sie Ziel einer rechten Hetzkampagne?
Ich war schon länger eine Person des öffentlichen Lebens: Ich habe Fernsehinterviews gegeben, Veranstaltungen gemacht, an Universitäten unterrichtet. Ich wurde als feministische Schriftstellerin bekannt, die den Putsch von 2016 immer scharf kritisiert hat. Je mehr Ansehen ich besaß, desto mehr stand ich im Fokus von rechten Kräften.

Was ist Ihnen konkret passiert?
Bei einem Radiointerview tauchte plötzlich ein prominenter Rechter im Studio auf – ohne dass der Journalist mir vorher Bescheid gesagt hätte. Ich verließ daraufhin das Studio und noch am selben Tag brach ein shitstorm an Falschbehauptungen über mich los. Als ich auf Lesereise mit meinem neuen feministischen Buch ging, waren bei jeder Veranstaltung Rechte anwesend, um zu stören und zu provozieren. Bei einer Lesung tauchte ein bewaffneter Mann auf. Bei einer anderen Veranstaltung prügelten Faschisten auf die Besucher ein. Danach habe ich gemerkt: Es geht nicht mehr nur um meine Sicherheit.