Nach den Protesten des Sommers folgen in Russland die Prozesse gegen Demonstranten und Oppositionelle

Wundersame Läuterung

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Der Rechtsanwalt Pawel Tschikow von der Menschenrechtsorganisation Agora wies auf eine ganze Kette von Fehlern des für schwere Straftaten zuständigen Ermittlungskomitees und der Nationalgarde hin, in denen er die treibenden Kräfte der Niederschlagung der Proteste im Sommer und der folgenden Prozesse sieht. Zudem falle auf, dass der Inlandsgeheimdienst FSB am Fall Ustinow nicht beteiligt gewesen sei, obwohl er in den vergangenen Jahren alle großen politischen Verfahren federführend begleitet oder angestoßen habe.

Die Repression gegen Oppositionelle und Regierungskritiker in Russland bleibt hart. Das bekam auch Alexander Gabyschew aus Jakutien zu spüren. Vor einem halben Jahr machte sich der  Mann aus Sibirien, der sich selbst als Schamane bezeichnet, zu Fuß auf den Weg nach Moskau, um den Teufel zu verjagen, von dem Präsident Wladimir Putin besessen sei. Anfangs noch belächelt, gewann Gabyschew eine wachsende Fangemeinde und trat bei Protestkundgebungen auf. In Ulan-Ude, östlich des Baikalsees, wurde Gabyschew aufgehalten und zurück nach Jakutien verfrachtet. Gegen ihn soll ein Verfahren wegen Extremismus laufen, Genaueres dazu ist nicht bekannt. Gabyschew wird derzeit rechtswidrig ohne Gerichtsbeschluss in der Psychiatrie festgehalten.

In Ulan-Ude war die Polizei nach den jüngsten Bürgermeisterwahlen mit Gewalt gegen Anhänger des unterlegenen kommunistischen Kandidaten Wjatscheslaw Marchajew vorgegangen. Er verfügt über einen Sitz im russischen Oberhaus und hatte im August als einziger hochrangiger Staatsvertreter das rabiate Vorgehen der Nationalgarde in Moskau heftig kritisiert.