Paul Simon hat sich an den Tatorten des Anschlags von Halle umgesehen

Geplanter Massenmord

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»Dass am Freitag so viele in der Synagoge erschienen, sollte auch ein Zeichen setzen. Aber es wird nicht immer der Innenminister mit seinen Sicherheitsleuten da sein, es werden nicht immer 2 000 Menschen schützend vor der Synagoge stehen. Irgendwann ist die kleine Gemeinde wieder allein in dem Gebäude, in dem sie von dem Nazi angegriffen wurde«, sagt Matviyets. »Ich frage mich, ob viele der älteren Menschen sich dann noch trauen werden zu kommen.«

Über die Sicherheit der jüdischen Gemeinde ist in den vergangenen ­Tagen eine erbitterte Diskussion entbrannt. Der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), besuchte die Gemeinde und versprach umfassenden Schutz für jüdische Einrichtungen in Sachsen-Anhalt. Dass dieser Schutz bisher nicht garantiert worden sei, habe an der fehlenden ­Gefahreneinschätzung gelegen. Heftige Kritik daran formulierte Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. »Die Aussage des Innenministers, wonach die Polizei den Bitten der Jüdischen Gemeinde um Schutz stets nachgekommen sei, ist unzutreffend und verkehrt die Realität«, sagte Schuster am Wochenende in Berlin. 

Sicherheit sei schon seit Jahren ein Thema für die Gemeinde in Halle, sagt Matviyets: »Besonders kritisch ist es seit 2015« Damals hätten die sogenannten Montagsmahnwachen begonnen, »die Innenstadt mit ihren verschwörungstheoretischen und antisemitischen Versammlungen in Beschlag« zu nehmen. Auch Reichsbürger und die Neonazigruppe Brigade Halle hätten an diesen Demonstrationen teilgenommen. Damals hätte die jüdische Gemeinde ihre Mitglieder ausdrücklich davor gewarnt, sich an Tagen, an denen diese Veranstaltungen stattfanden, in der Innenstadt aufzuhalten.

Jetzt permanenten Polizeischutz aufzustellen, bezeichnet Matviyets als »Symbolpolitik«. Man hätte schließlich früher schon eine vernünftige Lösung finden können, bevor es nun zum Schlimmsten gekommen sei. Es gehe auch nicht allein um die jüdische ­Gemeinde. »Die muslimische Gemeinde in Halle ist seit 2015 gewachsen, hat aber immer noch sehr kleine Räumlichkeiten«, sagt Matviyets. »Beim Zuckerfest beten 500 bis 700 Menschen auf offener Wiese. Zweimal wurden sie schon mit Luftgewehren beschossen.«