Fünf Jahre Pegida

Aufstand der Hutbürger

Seite 2

Pegida hingegen durfte 2015 in der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung eine Pressekonferenz abhalten. Die damalige Pegida-Mitorganisatorin Kathrin Oertel wurde sogar in Günther Jauchs Talkshow in der ARD eingeladen. Auch ein Treffen der Pegida-Führung mit dem damaligen sächsischen Innenminister Markus Ulbig (CDU) fand 2015 statt. Nach Einschätzung der Dresdner Antifaschistinnen und Antifaschisten trug das zur Normalisierung der Bewegung bei. »Für viele Leute war Pegida einfach kein Problem«, so Anton. Während in der Politik noch davon gesprochen worden sei, die Ängste und Sorgen der Pegida-Anhänger ernst zu nehmen, sei längst klar gewesen, wer bei den Demonstrationen mitlaufe. »Pegida wurde auch zum Vernetzen von einschlägigen rechten Gruppen genutzt. Hier trafen sich Mitglieder der Freien Kameradschaft Dresden und der Gruppe Freital«, sagt Ralf. Es handelt sich um Gruppen, die sich unter anderem an dem gewalttätigen Überfall auf den alternativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz, an Ausschreitungen vor Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete und an Sprengstoffanschlägen beteiligten.

Den wöchentlichen Gegenprotest gaben die drei Dresdner Antifaschisten bald auf. »Wir haben einfach keinen Sinn mehr darin gesehen, jede Woche hinter Pegida herzurennen. Pegida ist nicht die Ursache für die Verhältnisse hier, sondern ein Symptom«, so Ute. »Das fängt bei einer Zivilgesellschaft an, die in Sachsen sehr konservativ bis rechtskonservativ ist.« Der wöchent­liche Protest sei sehr frustrierend gewesen und habe jegliche Ressourcen geraubt. Dazu sei noch das harte Vorgehen der Polizei gekommen. Irgendwann hätten die Antifaschisten sich dann nicht mehr an den Protesten beteiligt. Es sei ihnen wichtiger gewesen, eigene Themen zu setzen, erläutert Ute: »Antifa-Arbeit ist zu großen Teilen natürlich ein Abwehrkampf, aber auch das hat sich weiterentwickelt. Es geht nicht mehr nur darum, gegen Nazis zu protestieren, sondern auch darum, sich inhaltlich zu diversifizieren. Auch Feminismus und Ökologie sind gerade heute sehr wichtige Themengebiete.«

Es gibt allerdings auch antifaschistische Gruppen, die sich noch am wöchentlichen Protest beteiligen. Zu einer gehört Steffi Brachtel vom Bündnis »Nationalismus raus aus den Köpfen«. Sie sagte der Jungle World: »Es ist einfach nur ermüdend, wenn man sich fünf Jahre Woche für Woche immer wieder diesem Scheiß entgegenstellt und dafür angefeindet wird.« Die ­Protestierenden würden beleidigt und angepöbelt, Unterstützung bekämen sie nicht: »Wir hatten in diesen fünf Jahren immer das Gefühl, dass wir der Störfaktor sind. Das ist das, was uns durch die Passanten und auch seitens der Versammlungsbehörde gezeigt wurde: ›Ihr seid die, die hier stören, und Pegida geht schon wieder weg.‹ Aber Pegida ist eben nicht weggegangen.« Brachtel kritisiert, dass viele nichtrechte Dresdner sich in den vergangenen fünf Jahren nicht an den Protesten beteiligt hätten: »Wir haben hier eine sächsische Behäbigkeit – die aber eigentlich eine Feigheit ist – der Zivilgesellschaft. Auch ein Oberbürgermeister, der das Problem mit Pegida jahrelang negiert hat, ist ein Teil dieser Zustände.«