Russlands Comeback als Großmacht

Ein blutiger Betrug

Donald Trump hat Syrien dem russischen Großmachtsstreben ausgeliefert. Putin waltet im Nahen Osten längst wie ein neuer Zar – selten war Imperialismus offensichtlicher.

Im Nahen Osten überkreuzen sich gerade die Ereignisse, und sie scheinen manchmal aus verschiedenen Zeitaltern und Realitätsdimensionen gefallen zu sein. Der amerikanische Präsident hat den Rückzug und die Selbstdemontage der USA als nahöstlichem Hegemon fast schon bis zum Anschlag getrieben, Putin beerbt ihn als neuer imperialer Herrscher, der schaltet und waltet wie ein gerechter Zar, der Jedem das Seine zuteilt. Man hat dabei eigentlich nicht den Eindruck, dass sein Mündel Bachar Al Assad bei zentralen Entscheidungen noch sehr um eine Meinung gefragt wird. Mehr unangefochtener und offensichtlicherer Imperialismus war selten im Nahen Osten.

Neue Proteste 

Derweil demonstrieren Hundertausende in Beirut, sie prangern die Unfähigkeit und Korruption ihrer Politikerkaste an. Kaum waren die Demonstrationen in Ägypten abgeflacht, ging es im Irak los, jetzt also Beirut, von Marokko oder Algerien ganz schweigen; soviel zum angeblichen „Arabischen Winter“. Dass der umfassende Umbruch im Nahen Osten zumal von Europa aus so schnell totgesagt worden ist, hängt nicht an Realitäten, sondern an Wunschdenken: Wenn man nur lange und entschieden genug die Augen zumacht, dann muss dieser Osten mit seinen grässlichen Problemen doch endlich einmal verschwinden. Das hat man fatalerweise auch bei Syrien versucht. Der Rest ist schon Geschichte.

Spuren der Barbarei: Das ausgebombte Al-Shifa-Krankenhaus in Aleppo. 

Bild:
Freedom House / CC BY 2.0

In Syrien hat die Familie Assad sich 2011 entschieden, diesen Demonstrationen mit einem auf alles oder nichts zielenden Krieg gegen die Bevölkerung zu antworten: „Assad or we burn the country“. Man hat sie nicht daran gehindert, das Land haben sie dabei ruiniert, aber der Nahe Osten ist auch mit Luftangriffen gegen die Bevölkerung, Giftgas und Terror nicht mehr dauerhaft ruhig zu stellen. Es herrscht im Grunde eine Art Pattsituation, die Opposition ist überall ohne Führung, es gibt keine politischen Alternativen, gleichzeitig ist das politische System inklusive seines gesamten Personals in all diesen Ländern hoffnungslos überfordert, inkompetent und korrupt. Wie immer die schwere innenpolitische Krise im Libanon nun ausgehen wird – die nächsten Proteste werden kommen. Und sie richten sich gegen Vertreter des alten Nahen Ostens, zu dessen reaktionärer Verkörperung die Islamische Republik Iran in ihrem 40. Jahr längst geworden ist. Ihre Schlägertrupps und schiitischen Milizen schießen auf Demonstranten und versuchen die Menschen mit purer Gewaltandrohung von der Straße zu bekommen, ob gerade in Beirut oder im September in Bagdad. Das ist die Konterrevolution.