Besetzung der US-Botschaft in Teheran

Gefangen im Spionagenest

Vor 40 Jahren stürmten iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran und nahmen 52 Amerikaner als Geiseln. Die Aktion hat die Islamische Republik nachhaltig geprägt.

Zwei Ereignisse prägten den Lauf der Revolution im Iran entscheidend. Am Anfang stand die Rückkehr von Ayatollah Sayyed Ruhollah Mousavi Khomeini aus dem Pariser Exil. Als dem 76jährigen im Februar 1979 auf dem Teheraner Flughafen die Gangway hinabgeholfen wurde, war bereits deutlich, dass diese Revolution einem anderen Muster folgte, als man sich immer gerne eine Revolution idealtypisch vorstellt hatte. Die iranischen Massen bejubelten an diesem Tag einen alten Mann mit Bart und Turban, der mit seinem patriarchalischen Erscheinungsbild und seinem religiös inspirierten Programm in der Welt des Kalten Kriegs wie aus der Zeit gefallen wirkte. Autorität und Macht, die niemand sonst im Iran zu diesem Zeitpunkt umstandslos für sich hätte reklamieren können, fielen Khomeini an diesem Tag mit der Begeisterung der Massen einfach zu. Er musste nur danach greifen. Und er tat es, ohne zu zögern.

Khomeini pries die Besetzung der US-Botschaft als »zweite Revolution«, und als die amerikanischen Geiseln nach 444 Tagen freikamen, war der Iran ein anderes Land als zuvor.

Aber das war erst die halbe Strecke zu einer »Islamischen Republik«, wie sie selbst Khomeini zu diesem Zeitpunkt wohl noch gar nicht deutlich vor Augen stand. Weg und Ziel waren unklar, störende Mitstreiter, Gegnerinnen und Gegner standen im Weg. Die vom Schah Mohammed Reza Pahlavi eingesetzte Regierung war zwar schnell aus dem Weg geräumt, aber auch »bürgerliche« nationalistische Politiker und diverse linke Gruppen beanspruchten die Revolution für sich. Erstere stellten mit dem vorläufigen Segen Khomeinis die gemäßigte Übergangsregierung, letztere suchten die Revolution mit ihrer antiimperialistischen Programmatik weiterzutreiben. In den folgenden Monaten ging es um Machtarrondierung und damit um die Frage, auf welcher Seite der Würfel fallen würde. In dieser Auseinandersetzung erwies sich Khomeini als erfolgreicher revolutionärer Staatsgründer: als Opportunist, der wußte, Gelegenheiten umgehend zu nutzen, den aber zugleich stets die Aura der Unbeirrbarkeit umgab.

Eine solche Gelegenheit ergab sich mit der Besetzung der US-amerikanischen Botschaft am 4. November durch religiöse Studentinnen und Studenten. Die Geiselnahme des diplomatischen Personals radikalisierte die Revolution und machte den Weg frei für den Sieg der Khomeinisten und für die Geburt der Islamischen Republik Iran, wie man sie im Wesentlichen noch heutzutage kennt. Khomeini pries die Besetzung der US-Botschaft als »zweite Revolution«, und als die amerikanischen Geiseln nach 444 Tagen freikamen, war der Iran ein anderes Land als zuvor. Nationalisten und Linke waren inzwischen auf dem Müllhaufen der Revolution gelandet. Die Supermacht USA und besonders ihr Präsident Jimmy Carter waren vor der Weltöffentlichkeit auf eine für jene Zeit geradezu unvorstellbare Weise gedemütigt worden. Das strenge, finstere Gesicht Khomeinis war die wie in Stein gemeißelte Ikone eines weltweiten Aufbegehrens des politischen Islam.