Streit um das Kopftuch

Kein Frieden mit dem Tuch

Seite 2

Der Berliner Landesgesetzgeber habe »weltanschauliche Neutralität mit dem Verbannen der Religion aus dem öffentlichen Raum auf Kosten der Religionsfreiheit verwechselt«, schreibt dagegen der ehemalige religionspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. Ihm zufolge zielt das Neutralitätsgesetz unverkennbar darauf, das Tragen des muslimischen Kopftuchs an öffentlichen Schulen zu verbieten und untersagt nur wegen des Gleichheitsgebots auch das Zeigen nichtmuslimischer religiöser Symbole wie Kreuz oder Davidstern und jegliche religiöse Bekleidung, also etwa auch das Tragen einer Ordenstracht oder einer Kippa. In dem Gastbeitrag schreibt Beck über das Neutalitätsgesetz: »Gesetzgeberisches Motiv war unverkennbar das Kopftuchverbot, der Rest sind Kollateralschäden des Gleichheitsgebots.« 

Das von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes geforderte Kopftuchverbot für Mädchen sieht Beck ebenfalls kritisch. Bevor auch hier die »Gesetzgebungsmaschine« in Gang gesetzt werde, sollten die hiesigen Vertreter des Islam beim Wort genommen werden. Bislang erzählten diese einem, es sei im Islam nicht vorgesehen, dass Mädchen ein Kopftuch tragen, so Beck im Gespräch mit der Jungle World. Er fragt: »Wo sind die Papiere der Diyanet, des Gelehrtenrates von Aiman Mazyeks Zentralrat der Muslime, des Sheikh ul-Islam des Islamrates, die die Lehre der Verbände zu dieser zentralen Frage erläutern?« Mit einer strengen Gesetzgebung sei nur den muslimischen Identitären geholfen. Islamisten machen erfolgreich Kampagnen gegen mögliche Kopftuchverbote. 

Bettina Jarasch, die religionspolitische Sprecherin der Berliner Grünen, setzt sich seit Jahren für die Abschaffung des Neutralitätsgesetzes ein. Im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses kritisierte Jarasch, die auch Vorsitzende des Pfarrgemeinderats der katholischen Kirchengemeinde St. Marien Liebfrauen im Berliner Ortsteil Kreuzberg ist, Bocks Gutachten scharf. Sie fragte, ob man ­einer muslimischen Akademikerin, die das Kopftuch trägt, nicht zutrauen könne, die Werte des Grundgesetzes zu vertreten und gegebenenfalls sogar integrativ zu wirken. Der ebenfalls anwesende Bock hielt dies für ausgeschlossen.