Die albanische Regierung hat nach dem Erdbeben bei der Katastrophenhilfe versagt

Nur keine Panik

Es waren nur leichte Erdbeben, die am Wochenende in Albanien registriert wurden. Doch waren bei einem schweren Beben am 26. November 51 Menschen getötet, fast 1 000 verletzt und über 4 000 obdachlos geworden. Solche Naturkatastrophen können weder verhindert noch vorhergesagt werden. Doch bauliche Sicherheitsmaßnahmen, durchdachte Rettungspläne und kompetente Rettungskräfte können Menschenleben schützen. Regierungen, die daran scheitern, sehen oft ihre Legitimität in Frage gestellt.

So ergeht es zurzeit auch der Regierung unter Ministerpräsident Edi Rama von der Sozialistischen Partei (PS). Nach dem Beben im November waren es Bürger und Bürgerinnen, die anfingen, Vermisste zu bergen, Spenden zu sammeln und Unterkünfte für Obdachlose bereitzustellen. Die »Allianz für die Rettung des Theaters«, die gegen den Abriss des Nationaltheaters kämpft und eine der wichtigsten außerparlamentarischen Oppositionsgruppen des Landes ist (Jungle World 16/2018), nimmt dabei in in der Hauptstadt Tirana eine zentrale Rolle ein.

Mittlerweile wird auch nach der Verantwortung korrupter Politiker dafür gefragt, dass nicht erdbebensicher gebaut wurde. Die Antwort der Regierung ist autoritärer Aktionismus. Beamte werden gezwungen, für den staatlichen Rettungsfonds zu spenden. Familien, die Angehörige verloren haben, sollen bis Ende der Woche neue Wohnungen erhalten. Die Bürgermeisterin der vom Erdbeben schwer getroffenen Hafenstadt Durrës, Valbona Sako (PS), musste zurücktreten. Ihre Äußerung, man könne mit 50 Todesopfern zufrieden sein, da es andernorts 1 000 gewesen wären, und man bringe Erdbebenopfer in Fünf-Sterne-Hotels unter, was diese sich sonst nie leisten könnten, hatte die Öffentlichkeit empört.

Israel bemüht sich um gute Beziehungen zu dem mehrheitlich muslimischen Land.

Zugleich geht die Regierung hart gegen Kritiker vor. In Durrës wurde eine Frau verhaftet, die auf Facebook gefordert hatte, dringend die Sicherheit des dortigen Ölterminals zu überprüfen. Rama drohte Medien mit Schließung, wenn sie »Panik« und »Fake News« verbreiten würden. Berechtigt sieht er sich dazu durch einen angeblich von der Regierung verhängten Ausnahmezustand, doch kann diesen gemäß der Verfassung nur das Parlament erklären. Die Regierung hat am 27. November lediglich den Katastrophen­zustand festgestellt, der es erlaubt, außerordentliche Mittel zur Beseitigung der Erdbebenfolgen bereitzustellen.

Rama bemüht sich auch um Hilfe aus dem Ausland. Erste Hilfslieferungen wurden gleich nach dem Beben im Kosovo bereitgestellt. Viele Beteiligte erklärten, dies sei die Antwort auf die Aufnahme von Flüchtlingen aus ihrem Land in Albanien während des Kosovo-Kriegs 1999. Auch Unterstützungsleistungen aus anderen Ländern wurden von symbolischen politischen Gesten begleitet. Mit griechischen Rettungsteams kam Außenminister Nikos Dendias nach Tirana. Das albanisch-griechische Verhältnis ist sonst gespannt; die Grenzziehung, der Status der griechischen Minderheit in Alba­nien und der Umgang mit der Vertreibung der albanischen Çamen aus Griechenland 1944 sind umstritten.

Ein israelisches Rettungsteam besuchte das Oberhaupt des Bektaschi-Ordens, Baba Mondi. Den Dank des islamischen Geistlichen erwiderten sie mit der Erklärung, das albanische Volk habe den Juden in schweren Zeiten beigestanden, man sei daher verpflichtet, nun zu helfen. Am Widerstand der albanischen Bevölkerung war während der deutschen Besatzung die Ermordung der dort lebenden Juden gescheitert. Israel bemüht sich um gute Beziehungen zu dem mehrheitlich muslimischen Land.

Weit intensiver versucht die türkische Regierung, ihren Einfluss in Albanien auszubauen. Deswegen stößt es nicht nur auf Begeisterung, dass die Türkei 500 Wohnungen für Erdbebenopfer bauen will, vor allem seit türkische Offizielle auf Nachfragen albanischer Journalisten nicht ausschlossen, dass dazu auch die Errichtung neuer Moscheen gehöre. Im Bau von Moscheen im osmanischen Stil manifestiert sich symbolisch der türkische Hegemonieanspruch in Albanien.