Small Talk mit Eike Sanders über die Notwendigkeit eines antifaschistischen Feminismus

»Feminismus muss stärker ­antifaschistisch agieren«

Anlässlich des Frauenkampftags am 8. März rufen in diesem Jahr wieder verschiedene Bündnisse in Deutschland zu Protesten auf. Dabei soll auch das internationale Erstarken rechter Strömungen und Parteien thematisiert werden. Über den Zusammenhang zwischen sexistischen Positionen und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sprach die Jungle World mit Eike Sanders vom „Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum e.V.“ (apabiz), die kürzlich als Mitglied des »Autor*innenkollektiv Feministische Intervention« das Buch »Frauen*rechte und Frauen*hass. Antifeminismus und die Ethnisierung von Gewalt« veröffentlicht hat.
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Small TalkViele rechtsextreme Attentäter teilen neben rassistischen und antisemitischen auch frauenverachtende Einstellungen, so auch die Täter von Halle und Hanau. Müssen Antirassismus und Feminismus stärker zusammengedacht werden?

Wenn wir uns exemplarisch den Fall von Halle anschauen, wird in einem Satz deutlich, wie Rassismus, Antisemitismus und Antifeminismus zusammen funktionieren. Der Täter hat in die Kamera gesagt, dass der Feminismus zu weniger Geburten führe, es deswegen »Masseneinwanderung« gebe und »der Jude« Ursache aller Probleme sei. Auch wenn die Funktionsweise jeweils unterschiedlich ist, wirken doch alle Ideologien zusammen und bedingen sich gegenseitig.

Im Buch »Frauen*rechte und Frauen*hass« fordern Sie einen Feminismus, der »grundlegend antifaschistisch« ist. Was meinen Sie damit?

Man kann sich ja anschauen, wie rechte Männer und Frauen auf die Straße gehen und »Frauenrechte« mit rassistischen Anschauungen verknüpfen,wenn also über die »weiße Frau« als »Opfer von Migranten« gesprochen wird. Da findet nicht nur eine Instrumentalisierung statt, sondern das hat auch eine eigene Funktionslogik. Hier muss der Feminismus noch stärker antifaschistisch agieren, weil das eine Bedrohung für uns alle ist.

Inwiefern geht dieses vermeintliche Eintreten für Frauenrechte in der rechten Szene über eine rassistische Instrumentalisierung hinaus?

Ich würde nicht sagen, dass es darüber hinausgeht, sondern eher, dass die Idee, es sei eine reine Instrumentalisierung, auch ein bestimmter sexistischer Blick ist. Rechte Frauen sind auch Akteurinnen, die selbst nach unten treten. Sie können nicht von dem Vorwurf freigesprochen werden, Täterinnen zu sein. Das wäre ebenfalls sexistisch, und es erkennt nicht die Gleichzeitigkeit von antifeministischen und rassistischen Einstellungen. Hier findet auch eine Selbst­ermächtigung von rechten Frauen statt, die für die gesamte Szene zu einer größeren Mobilisierungskraft führt, die aber im Kern natürlich antifeministisch ist.

Kommt in der Auseinandersetzung mit der AfD die Kritik an misogynen und antifeministischen Thesen zu kurz?

Das Problem hat sich ein bisschen mehr im Bewusstsein durchgesetzt, aber die Kritik ist bisher wenig zielgerichtet. Antifaschistische Bewegungen sagen zwar meistens, dass sie antisexistisch sind, aber das bleibt oft noch ein Schlagwort. Die AfD greift ganz gezielt auch feministische Projekte an, zum Beispiel wenn sie die Gelder für Gender Studies auf null kürzen will oder gegen LGBTI-Projekte mobilisiert. Die feministische Seite antifaschistischer Bewegungen muss stärker betont werden. Aber diese Forderung geht in beide Richtungen. Wir befinden uns in einer Zeit, in der die internationale Rechte im Aufschwung ist – da muss sich auch der Feminismus noch stärker antifaschistisch positionieren.