Leif Randts Roman »Allegro Pastell«

Im Rausch der Worte

Platte Buch Von

Die Lektüre von Leif Randts viertem Roman »Allegro Pastell« macht aggressiv, aber genau das ist die Absicht des Autors und macht die Stärke des Buches aus. Das Cover zeigt das unscharfe Foto einer leeren Straße, die Farben wie verblasst, alles bleibt im Vagen, Unverbindlichen, Transitorischen. Den beiden Protagonisten des Romans würde es vermutlich gefallen.

Tanja Arnheim lebt in Berlin und ist eine erfolgreiche Romanautorin. Sie fühlt sich auch noch in bunten Discounter-Sneakern als etwas Besonderes. Jerome Daimler ist Webdesigner und lebt in einem Bungalow in Maintal bei Frankfurt. Manchmal nimmt er Drogen, aber ganz vorsichtig. Tanja und Jerome, beide Anfang, Mitte 30, sind ein Paar, das sich aber nicht festlegen will. Sie entsprechen so ganz dem Klischee junger Kreativer aus der privilegierten urbanen Mittelschicht, wenn sie stundenlang mit Freunden und Freundinnen über sich selbst debattieren, um sich danach berauscht von den eignen Worten schlafen zu legen. Die Handlung spielt eine untergeordnete Rolle. Erzählt wird von einer Fernbeziehung, die sich in schicken Apartments und In-Locations in Frankfurt und Berlin abspielt. Die Stärke des Buches ist die Zeichnung der Figuren. Randt macht ihre Ignoranz unter der so solidarisch und weltoffen erscheinenden Oberfläche sichtbar. Jerome und Tanja fühlen sich stets allen anderen überlegen. Ihre Probleme, die nie existentiell sind, ästhetisieren sie, ihren Rausch kontrollieren sie. Sogar der Sex ist kalkuliert. Bei all ihrem Handeln denken sie die Selbstoptimierung immer mit. Der depressiven Schwester begegnet Tanja dagegen mit völligem Unverständnis. »Allegro Pastell« ist eine auf den ersten Blick überinszenierte, auf den zweiten Blick sehr realistische Darstellung von Menschen, deren Selbstbezogenheit ziemlich reaktionär ist; sie merken es nur nicht, weil sie alles rechtfertigen und »reflektieren« können. Am Ende würde man das selbstgefällige Paar am liebsten anschreien.

Leif Randt: Allegro Pastell.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020, 288 Seiten, 22 Euro