Gespräch mit Ayesha Khan über eine Rückholaktion für in Pakistan festsitzende Menschen aus Deutschland

»Im Stich gelassen«

Obwohl es zwei Rückholflüge gab, sitzen vermutlich etwa 200 bis 300 Menschen aus Deutschland in Pakistan fest. Die freie Autorin Ayesha Khan hat eine Petition gestartet, mit der sie eine weitere Rückholaktion für die Gestrandeten fordert. Die Jungle World hat mit ihr gesprochen.
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Wie sind Sie auf das Thema gestoßen?

Im Februar sind Verwandte von mir nach Pakistan geflogen und Ende Februar ist auch eine gute Freundin von mir dorthin. Es hat sich Mitte März abgezeichnet, dass es mit der Rückreise Probleme geben und dass ein Flugverbot kommen wird.

Wie ging es weiter?

Gerade ist eine Jahreszeit, in der viele Menschen ihre Herkunftsländer besuchen. Dann habe ich überlegt, dass es bestimmt viel mehr Leute gibt, die ein Problem mit der Rückkehr haben. Ich habe einen Aufruf gestartet und innerhalb weniger Tage haben sich rund 30 Menschen bei mir gemeldet. Dann kamen immer mehr dazu und auch eine andere Gruppe, die an Ort und Stelle war und sich dort vernetzt hat, hat sich bei mir gemeldet. Die waren froh, dass es jemanden in Deutschland gibt, der das von hier aus koordiniert. Ich habe angefangen, eine Excel-Liste zu führen, und irgendwann waren dann mehr als 200 Menschen auf der Liste.

Wie lief die Kommunikation mit dem Auswärtigen Amt oder der Botschaft?

Es war sehr schwierig, weil sich tagelang keiner für die Menschen, die in Pakistan gestrandet sind, interessiert oder sich für sie verantwortlich gefühlt hat. Das Auswärtige Amt hat immer wieder darauf verwiesen, dass die Botschaft zuständig sei. Es ist nämlich so, dass das Auswärtige Amt solche Rückholaktionen zwar absegnet, aber die Botschaften müssen die Informationen zur Notwendigkeit einer solchen Aktion an das Auswärtige Amt weiterleiten, erst dann wird es aktiv.

Das hat die Botschaft verschlafen?

Wir haben es mit dem Nachbarland Indien verglichen. Dort hat die Botschaft schon Mitte März angefangen, mit einer Task Force nach Menschen aus Deutschland zu suchen, die sich in Indien aufhalten, und sie nach Delhi bringen zu lassen. In Pakistan hat sich die Botschaft damit herausgeredet, dass ja immer noch vereinzelte Flüge stattfinden würden. Bis zum 29. März hieß es, dass kein Rückholflug geplant sei und man sich an die Ansagen der pakistanischen Regierung halten solle. Dann hat die Botschaft sich endlich auf Twitter zu Wort gemeldet und gesagt, dass sie sich etwas überlegen. Dann ging es auch ganz schnell und es gab zwei Flüge.

Wie hat sich die Situation durch die beiden Rückholflüge geändert?

Es haben sich Menschen gemeldet, die sich ebenfalls für Rückholflüge registriert hatten, aber immer noch festsitzen. Wir gehen davon aus, dass 200 bis 300 Menschen dort zurückgelassen wurden. Das Auswärtige Amt hat mitgeteilt, dass es sich darum bemüht, für die Verbliebenen Lösungen zu finden.

Welches Gefühl löst die Situation bei den Betroffenen aus?

Das Auswärtige Amt nennt die in Pakistan Gestrandeten Individualreisende, die eben nicht so eine hohe Priorität wie Pauschalurlauber haben. Die Menschen in Pakistan werden im Stich gelassen und sehen zugleich, wie irgendwelche reichen Yoga-Touris aus Indien zurückgeholt werden. Sie selbst sitzen in Pakistan fest, in einem Urlaub, auf den sie teilweise fünf bis sechs Jahre lang gespart haben. Die Menschen sind ja zum Teil in Deutschland geboren und hier aufgewachsen und erfahren hier schon strukturellen Rassismus. Jetzt sind sie im Ausland, wollen sich einmal auf den Staat verlassen und werden im Stich gelassen.