Viele Boxprofis versuchen sich nach dem Karriereende an einem Comeback

Niederschläge pflastern ihren Weg

Von Bienen und Schmetterlingen – die Boxkolumne.
Kolumne Von

Wenn Profiboxer ihr Karriereende verkünden, ist das nur selten endgültig. Am 28. November will Mike Tyson, der 1986 zum bis heute jüngsten Schwergewichtsweltmeister wurde und 2005 erklärte, seine Profikarriere zu beenden, in Los Angeles gegen Roy Jones Jr. antreten. Beide Faustkämpfer sind über 50 Jahre alt. »Iron Mike« hat zumindest in einigen jüngst veröffentlichten Trainingsvideos bewiesen, dass sein linker Aufwärtshaken immer noch Weltklasse ist.

Als vor sechs Jahren der kubanisch-deutsche Weltmeister im Cruisergewicht, Yoan Pablo Hernández, seine Karriere für ­beendet erklärte, glaubte niemand mehr an dessen Rückkehr in den Ring. Seine Hände schmerzten, das Knie war kaputt und am Ellenbogen war ebenfalls ein medizinischer Eingriff nötig. Nach über einem Jahrzehnt Boxsport streikte sein Körper – mit nur 29 Jahren. Statt Gegner durch den Ring zu scheuchen, trug Hernández Umzugskartons in Berlin umher. Doch eine ­Begegnung am Rande eines Boxrings in Stendal vor zwei Jahren änderte sein Leben. Er wurde Trainer in der Altmark und dabei wuchs in ihm der Wunsch nach einem Comeback. »So lange man sich gut fühlt, sollte man es versuchen«, sagte Hernández über seine Rückkehr in den Ring im vergangenen Monat.

Tyson begründete sein für Ende November geplantes Comeback so: »Ich mache das, weil ich es kann. Nur weil ich 54 bin, ist mein Leben noch lange nicht vorbei – und ich glaube, dass viele Sportler im Ruhestand so denken wie ich.« Seine ökonomische Lage – angeblich sind von einst 300 Millionen US-Dollar, die er als Profi verdient hatte, nur noch wenige Millionen übrig – tat wohl ein Übriges. Es bleibt also zu hoffen, dass die beiden alten Herren im Ring mehr als nur eine müde Show ab­liefern werden. Finanziell wird es sich zumindest für die Boxer lohnen.

Weder finanziell noch sportlich lohnte sich dagegen Hernández’ Comeback in Magdeburg. Eine Show lieferte niemand ab. Sein Gegner Kevin Johnson dominierte im Ring. In Medienberichten war sogar von einem Debakel für Hernández die Rede. Der Niederschlag, den der Deutsch-Kubaner in der vierten Runde hinnehmen musste, deutete schon frühzeitig das Ende an. Die fehlende Kondition des 35jährigen sorgte für einen ungefährdeten Sieg seines US-amerikanischen Kontrahenten, der nun auf den dritten Frühling seiner Karriere hoffen kann – am Montag wurde er 41 Jahre alt. Während ihm ein lukratives An­gebot aus Russland vorliegt, muss sich Hernández noch etwas quälen.

Als potentieller Schleifer hat sich die Ringlegende Ulli Wegner ins Gespräch gebracht. Der 78jährige Trainer, dem 2019 beim Sauerland-Stall gekündigt worden war, bot öffentlich an, für zukünftige Kämpfe die Strategie und Taktik auszuarbeiten. ­Dabei wird es nicht bleiben. Wer den alten Knochen kennt, wird ein Jahresgehalt darauf verwetten, dass vor der strategischen Ausrichtung erst einmal kräftig Kondition trainiert wird. »Das ist ein Reiz für einen Trainer, zu beweisen, was trotzdem geht«, bringt Wegner auf den Punkt, was all die Größen wieder in den Ring steigen ließ: es sich beweisen, es anderen beweisen. Und das Geld. Das ist der ewige Dreiklang des Profiboxen. Erst recht im fortgeschrittenen Alter.