Obwohl CBD nunmehr als Lebensmittel gilt, wird der Verkauf mancherorts unter­bunden

Entspannung für den CBD-Verkauf

Die EU-Kommission hat Cannabidiol kürzlich als Lebensmittel eingestuft. Dennoch untersagen manche Behörden in Deutschland weiterhin den Verkauf.

Die Betreiber von Headshops, »Spätis« und Drogerien in Deutschland können vorerst wenigstens in einer Hinsicht aufatmen: CBD-Produkte müssen doch nicht aus den Regalen geräumt werden. Die EU-Kommission entschied am 3. Dezember, Cannabidiol (CBD) als Lebensmittel einzustufen. Das war nicht selbstverständlich. In ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause hatte sie den Stoff noch zum Betäubungsmittel erklärt (Jungle World 36/2020). Anstatt das von Apothekern beklagte Durch­einander auf dem CBD-Markt mit Verordnungen und spezifischen Geneh­migungen zu regeln, hatte ein umfassendes Verbot gedroht.

Wie Reinhard Hönighaus, der Sprecher der EU-Kommission in Deutschland, der Jungle World im September gesagt hatte, war das Gremium zu dem Zeitpunkt der Ansicht, dass »natürliches CBD als ein Betäubungsmittel betrachtet werden sollte, das unter das Einheitsübereinkommen der Vereinten Nationen über Suchtstoffe von 1961 fällt«. Extrakte und Tinkturen von Cannabis seien im Anhang des Übereinkommens aufgeführt. Hönighaus sagte damals aber auch, dass es »zu dieser Frage unterschiedliche Ansichten« gebe.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte schließlich am 19. November, dass CBD nicht als Betäubungsmittel gelten sollte. Nach der jüngsten Entscheidung der EU-Kommission werden künftig Anträge von Händlern, die CBD-Produkte verkaufen, auf eine ­Zulassung dieser Waren als neuartiges Lebensmittel geprüft.

Bei Cannabidiol handelt sich um ein Cannabinoid aus der weiblichen Hanfpflanze. Es wirkt entspannend und entzündungshemmend, aber nicht psychoaktiv wie der ebenfalls in Marihuana enthaltene Wirkstoff THC. Auf die Frage, was der Unterschied zwischen einem herkömmlichen und einem CBD-Joint sei, sagte Adrian Manelli von der Berliner Vertriebsfirma Calma CBD der ­Jungle World: »Ein THC-Joint macht dich high, CBD entspannt lediglich die Muskulatur.« Manellis Partner Vincent Pieroth ergänzte: »Jeder, der bisher versucht hat, sich mit CBD zu betäuben, ist daran kläglich gescheitert.«

Nicht so lebensnah, dafür juristisch korrekt formulierte der EuGH in seinem Urteil vom November: »Nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, der zu berücksichtigen ist, hat das in Rede stehende CBD, anders als Tetrahydrocannabinol (gemeinhin als THC bezeichnet), ein weiteres Cannabinoid des Hanfs, offenbar keine psychotropen Wirkungen oder schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.«

Zum dem Urteil war es gekommen, nachdem zwei französische Geschäftsführer einer Gesellschaft zur Vermarktung und zum Vertrieb einer mit Can­nabidiol-Öl befüllten E-Zigarette CBD aus der Tschechischen Republik eingeführt hatten. Dieses war in der Tschechischen Republik aus legal angebauten Hanfpflanzen hergestellt worden. In Frankreich war das Öl in Patronen für E-Zigaretten gefüllt worden. Die beiden Geschäftsführer waren dafür in Frankreich zu Bewährungsstrafen und hohen Geldstrafen verurteilt worden. Das französische Berufungsgericht wollte daraufhin vom EuGH wissen, ob die französische Regelung, die die Vermarktung von CBD verbietet, das in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt wird, mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Da CBD nicht als Suchtstoff oder Droge zu werten sei, stehe dem »freien Warenverkehr innerhalb der Union« nichts im Weg, urteilte der EuGH.

Auch in Deutschland gehen Behörden bisweilen gegen den Verkauf von CBD vor. Die Verbraucherzentrale berichtet auf ihrer Homepage, dass in manchen Gegenden Nordrhein-Westfalens über eine Allgemeinverfügung »das Inverkehrbringen (Verkauf und kostenlose Abgabe) von Lebensmitteln, die Cannabidiol als CBD-Isolate oder mit CBD angereicherte Hanfextrakte enthalten«, untersagt werde. Auch in einigen Städten in Thüringen gebe es eine solche Allgemeinverfügung, schreibt die ­Verbraucherzentrale.

Das Urteil des EuGH könnte daher auch für deutsche Händler interessant werden. Die Firma Calma CBD etwa bezieht den Stoff aus Italien und der Schweiz. Im EU-Land Italien ist CBD Informationen des Hanfmagazins zufolge zurzeit legal. Aber auch dort hatte es Diskussionen gegeben. Das italienische Gesundheitsministerium habe im ­November einen Beschluss aufgehoben, »mit dem CBD in die Arzneimittelliste des Landes aufgenommen und letztendlich als Betäubungsmittel eingestuft« werden sollte, schrieb das Magazin. Doch auch nach der jüngsten Entscheidung auf europäischer Ebene scheint bei Branchenkennern Skepsis zu herrschen. So hat das Online-Magazin CBD 360 seine Dauerberichterstattung über die juristischen Entwicklungen mit der Überschrift versehen: »Die Rechtslage ändert sich regelmäßig.«