Die Linkspartei hat den Entwurf ihres Wahlprogramms vorgestellt

Hauptproblem USA

Die Linkspartei hat einen Programmentwurf für die Bundestagswahl vorgelegt. Manche Mitglieder sehen ihre antiimperialistischen Grund­sätze gefährdet.

Die Präsentation eines Programmentwurfs für die Bundestagswahl 2021 dürfte einer der letzten großen Auftritte von Katja Kipping und Bernd Riexinger in ihrer derzeitigen Funktion gewesen sein. Eigentlich sollten die beiden schon lange nicht mehr den Vorsitz der Linkspartei innehaben, doch wegen der Covid-19-Pandemie wurde der Parteitag, auf dem ihre Nachfolge geregelt werden soll, immer wieder verschoben.

»Die Linke« ist mit ihrer Präsentation früh dran, noch keine andere Partei hat einen solchen Entwurf oder gar ein Wahlprogramm vorgestellt. Einmal schnell zu sein, schadet nicht, denn in jüngster Zeit hinkt die Partei oft hinterher, zum Beispiel wenn es um Positionen zur Bekämpfung der Pandemie gilt. Zudem sollen auch noch die Parteimitglieder das Wahlprogramm diskutieren. Bis zu einem Parteitag im Juni will sich »Die Linke« dafür Zeit nehmen.

Die Linkspartei versucht, sich ökologisch zu profilieren. Sie fordert, den öffentlichen Nahverkehr im Zuge eines »linken Green New Deal« auszubauen.

Der Entwurf mit dem Titel »Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit!« bietet wenig Überraschendes. Die Linkspartei ist »für soziale Gerechtigkeit« und fordert deshalb eine Mindestrente von 1 200 Euro im Monat und einen Mindestlohn von 13 Euro in der Stunde. Sie plädiert für eine bessere Bezahlung und eine bessere personelle Ausstattung in den Pflegeberufen. Eine »solidarische Gesundheitsversicherung« und eine ebenso solidarische Pflegeversicherung sollen ­einen »Systemwechsel« bringen. »Mietenwahnsinn« und Verdrängung sollen durch einen bundesweiten »Mietendeckel« beendet werden. Kita, Schule und Studium sollen »gut« beziehungsweise »gebührenfrei« werden. Ostdeutsche sollen gleiche Renten wie Westdeutsche bekommen, Frauen nicht benachteiligt werden.

Die Partei versucht auch, sich ökologisch zu profilieren. Sie fordert, den öffentlichen Nahverkehr im Zuge eines »linken Green New Deal« auszubauen, der sozial gestaltet werden soll. Außerdem sollen der Flugverkehr verringert, mehr Güterverkehr auf die Schiene ­gebracht und die Autoindustrie »sozial und ökologisch« umgebaut werden. Bis 2040 soll es in der EU »klimaneu­tral« zugehen, zehn Jahre früher, als es die EU-Kommission plant.

Finanziert werden sollen die höheren Staatsausgaben zum einen durch die Aufnahme von Schulden. Die sogenannte Schuldenbremse sei eine »Investitionsbremse, die wir uns in diesen Zeiten nicht leisten können«, sagte Kipping bei der Präsentation des Programm­ent­wurfs. Zum anderen sollen die Steuereinnahmen steigen: Vermögen über einer Million Euro sollen mit einer fünfprozentigen Steuer belegt, Erbschaften strikter besteuert werden, eine Vermögensabgabe soll bei der Bewältigung der Coronakrise helfen. Mit diesen Mehreinnahmen könne man »den Einstieg in eine solidarische Gesellschaft« finanzieren.

All diese Forderungen dürften in der Partei wenig umstritten sein, anders als die außen- und sicherheitspolitischen Vorschläge. Über diese entbrannte bereits kurz nach der Präsentation des Programmentwurfs eine Debatte. Die heftigste Kritik kommt von den Bundestagsabgeordneten Sevim Dağde­len und Ulla Jelpke, die in einem Zeitungsbeitrag vor einer »Absage an die Friedenspolitik« warnten. Die Sätze »Eine Beteiligung der Bundeswehr an Nato-Kriegseinsätzen lehnen wir ab« und »Die Bundeswehr muss aus allen Auslandseinsätzen zurückgeholt werden« eröffneten einen »Spielraum« für von den UN mandatierte Auslandseinsätze, was Dağdelen und Jelpke ablehnen. Sie sehen darin einen »Paradigmenwechsel«, der dazu diene, auf eine rot-rot-grüne Bundesregierung hin­zuarbeiten.

Für kritikwürdig halten die beiden Politikerinnen auch diesen Absatz aus dem Entwurf: »Wir wollen Zivilgesellschaft fördern, statt Deals mit Diktatoren schließen! Dazu werden wir einen Fonds auflegen zur Förderung von zivilgesellschaftlichen Akteuren, die sich weltweit für Demokratie, Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit einsetzen, ihn wollen wir mit substantiellen finanziellen Mitteln ausstatten.« In einem solchen Fonds sehen die Bundestagsabgeordneten das Mittel »einer Regierung eines imperialistischen Staates«, um den »Sturz missliebiger Re­gierungen weltweit« zu fördern. Mit dieser Formulierung trete die Partei noch stärker als Grüne und SPD »als globaler Scharfmacher« auf. Weiter kritisieren Dağdelen und Jelp­ke, dass die Partei sich im Entwurf sowohl von den USA als auch von Russland und China abgrenze. Diese »Äquidistanz« sei falsch, die »brandgefährliche Einkreisungs- und Konfrontationspolitik der USA« gilt den ­Politikerinnen als Hauptproblem für eine friedliche Weltpolitik.

Eine solche Reaktion war absehbar. Ein Beschluss des Bundesvorstands der Linkspartei im Januar, der sich für zivilgesellschaftliche Kräfte und Menschenrechte auf Kuba ausgesprochen hatte, war auf heftigen Widerspruch aus antiimperialistischen Kreisen in der Partei gestoßen. Mitte Februar sah sich der Vorstand genötigt, klarzustellen, dass mit dem Beschluss keine »Neuausrichtung« verbunden sei. Die Partei sei weiter »solidarisch mit dem sozialistischen Kuba und seiner Revolution«.