Wem gehört der Schnee

Mein Schnee, dein Schnee

Cocolumne Von

Nehmen wir an, Sie besitzen einen Garten und bauen einen Schneemann (m/f/d) – ist das dann Ihr Schneemann? Ist das überhaupt Ihr Schnee, der da in Ihrem Garten liegt? Wem gehört er? Immerhin ist es ein Rohstoff, und wenn Sie daraus drei große Kugeln geformt, diese aufeinandergetürmt und das Ganze mit Möhre und Hut versehen haben, haben Sie ja auch etwas produziert. Was sagt Karl Marx dazu?

Juristisch scheint die Lage einfach zu sein, jedenfalls soweit ich das als Nichtjurist ergoogeln konnte: Schnee ist Wasser und das Wasserrecht regelt, wie dieses »in seinem natürlichen Kreislauf und in allen Aggregatzuständen vor nachteiligen Eingriffen zu schützen« ist. Doch wer das Leben aus dem Leben kennt und nicht aus Gesetzbüchern, weiß natürlich, dass das Unsinn ist. Wenn Schnee einfach nur Wasser wäre, wäre er in den Skigebieten nicht derart begehrt, und man würde nicht einen riesigen Aufwand betreiben, ihn heranzuschaffen, zu lagern, künstlich herzustellen und auf Pisten zu verteilen. Den jubilierenden Kindern in der Nachbarschaft kann man nicht erklären: »Hey, regt euch ab, es ist nur Wasser.« Und wer würde schon zu einem Klimaschützer sagen: »Gletscher sind auch nur Wasser, was soll der Furor?« Auch Coco ist der Meinung, dass Schnee etwas ganz anderes als Wasser ist, und kriegt sich in dem weißen Element tobend kaum ein vor Spaß und Aufregung.

Die Schneeeigentumsfrage ist politisch wie philosophisch höchst interessant und scheint nicht recht geklärt. Ähnlich verhält es sich mit anderen Dingen, die vom Himmel fallen: Wenn ein Meteorit auf Ihr Grundstück einschlägt, ist er Ihr Eigentum – bis Sie ihn finden. Dann wird es kompliziert. Wenn er kein Fund »von herausragendem wissenschaftlichen Interesse« ist, bleibt er Ihr Eigentum, andernfalls gehört er dem Bundesland, in dem Ihr Grundstück liegt. Nur in Bayern ist das irgendwie anders und sowieso hat jeder Staat seine eigenen Regeln.

Aber Schnee hat ja nicht jedes Land. Schnee ist per se ungerecht verteilt, wie andere Rohstoffe auch. So wie der Schnee im kleinen Park gegenüber. Wenn ein besonders hyperaktives Kind fünf Schneemänner baut und dann nicht mehr genug Schnee für die anderen Kinder da ist, was dann? Das Problem hatten wir hier in der Nachbarschaft schon, denken Sie nicht, das sei konstruiert. Und wenn Coco nun an einen solchen Schneemann pinkelt – das tut sie nämlich gerne –, wessen Eigentum hat sie dann beschädigt? Und wenn Sie einen Schneeball aus Ihrem Garten über den Zaun auf das Grundstück des Nachbarn werfen, geht der Schneeball dann noch im Flug in dessen Eigentum über? Fragen über Fragen. Und die Mohrrüben? Coco liebt den schmelzenden Schneemann, weil sie dessen Nase auffressen kann, da kann ich noch so laut »Basta!« oder »Aus!« rufen, sie rennt damit weg und kommt erst wieder, wenn alles verputzt ist. Dann zumindest stellt sich die Eigentumsfrage nicht mehr.