Die Gewerkschaft der Polizei hat einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die AfD gefasst

Nicht willkommen

Der Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei hat beschlossen, dass ihre Mitglieder nicht zugleich Mitglieder der AfD sein dürfen. Kritik äußerte unter anderem der Brandenburger Landesverband der Gewerkschaft.

In einer Gewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) organisierter Polizist und AfD-Mitglied sein – geht das gleichzeitig? Nach Ansicht des Führungsgremiums der Gewerkschaft der Polizei (GdP) soll dies künftig nicht mehr möglich sein. Mit einem Beschluss vom 11. März kam der Bundesvorstand der größten Polizeigewerkschaft, die bundesweit knapp 195 000 Beamte vertritt, zur Auffassung, dass gleichzeitige Mitgliedschaften in der AfD und der GdP nicht miteinander vereinbar seien. Die Positionen und Meinungen der AfD widersprächen dem »Selbst- und Rollenverständnis von Polizeibeschäftigten«, sagte Dietmar Schilff, stellvertretender Bundesvorsitzender der GdP, in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft. »Als GdP mit langer demokratischer Tradition stellen wir uns dem Ansinnen der AfD entschieden entgegen.«

Wer Mitglied in der AfD ist, sie unterstützt oder mit ihr sympathisiert, ist dem Beschluss zufolge in der GdP nicht willkommen und soll die Gewerkschaft verlassen. Andere Gewerkschaften innerhalb des DGB wie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft und Verdi hatten bereits im Jahr 2019 eigene Unvereinbarkeitsbeschlüsse mit der Partei erarbeitet.

Tino Chrupalla, der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, übte Kritik. Die Gewerkschaft bekenne sich damit zu einer »zutiefst intoleranten und antidemokratischen Grundhaltung«, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Ausschlaggebend für die Unvereinbarkeitserklärung dürfte wohl vor allem die Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz gewesen sein. Obwohl das Kölner Verwaltungsgericht dem Bundesamt vorerst weitere Maßnahmen und Äußerungen untersagte, die aus dieser Einstufung folgen (Jungle World 11/2021), stützt sich die GdP bei ihrer Entscheidung auf »nachrichtendienstliche Erkenntnisse«; so ließ sich der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Dietmar Schilff in einer Pressemitteilung zitieren. Die GdP nennt hier den von den Verfassungsschützern attestierten Einfluss der völkisch-nationalistischen Kräfte innerhalb der Partei, der die AfD radikalisiere.
Allerdings kommen innerhalb der GdP nicht alle Landesverbände gleichermaßen zu der Auffassung, Anhänger der AfD auszuschließen. »Der Beschluss ist rechtlich äußerst problematisch«, sagte Andreas Schuster, Bundesvorstandsmitglied und Landesvorsitzender der GdP in Brandenburg, der Märkischen Allgemeinen Zeitung. Aus datenschutzrechtlichen Gründen habe die Gewerkschaft keine Möglichkeit, Parteimitgliedschaften ihrer Mitglieder zu erheben. Daher sehe er die Gefahr der »Gesinnungsschnüffelei«. Statt einer Ausgrenzung von entsprechenden Kollegen plädiert Schuster für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihnen. Derselben Zeitung sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der Brandenburger AfD, Daniel Freiherr von Lützow, »mehr als 100 Polizisten oder Menschen in ähnlichen Dienstverhältnissen« seien in der Brandenburger AfD organisiert. Der Brandenburger Landesverband der GdP zählt 7 500 Mitglieder.

Wie eine Recherche der Welt-Jour­na­listen Annelie Naumann und Alexej Hock aus dem Jahr 2019 belegt, sind knapp acht Prozent aller im Bundestag vertretenen AfD-Abgeordneten ehemalige oder für die Zeit ihrer Amtsausübung freigestellte Polizeibeamte. Bei allen anderen Parteien beläuft sich dieser Anteil auf unter zwei Prozent. 2019 bestätigte die GdP der Rheinischen Post, dass es unter Bundespolizisten steigende Sympathien für die AfD gebe. Nicht zufällig arbeitet die AfD seit einigen Jahren daran, ihren Einfluss bei den Mitarbeitern von Sicherheitsbehörden zu stärken. In einem 2019 an die Öffentlichkeit gelangten Strategiepapier vermerkt die Partei, dass vor allem Bürger in sicherheitsrelevanten Berufen wie bei der Polizei »besonders ansprechbar« für sie seien.

Die im Deutschen Beamtenbund organisierte Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), mit etwa 100 000 Mitgliedern die zweitgrößte Polizeigewerkschaft in Deutschland, verfolgt gegenüber der AfD einen anderen Kurs. Der Bundesvorsitzende Rainer Wendt, der in der Vergangenheit selbst mit rechts­populistischen Äußerungen aufgefallen war und unter anderem dem rechtsextremen Magazin Compact ein Interview gegeben hatte, sagte der Süd­deutschen Zeitung: »Wir kontrollieren die Parteimitgliedschaften unserer Mitglieder grundsätzlich nicht, können da­zu also auch keine Aussagen treffen. Ein ›Unvereinbarkeitsbeschluss‹ ist deshalb nicht auf der Tagesordnung, weil wir schlicht nicht wissen, ob es AfD-Mitglieder in nennenswertem Ausmaß in der DPolG gibt.« Wenn bekannt werde, dass sich einzelne Mitglieder mit Personen oder Inhalten solidarisierten, die Zweifel an der Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der DPolG rechtfertigen, beispielsweise indem sie gemeinsam »mit Björn Höcke und anderen« aufträten, würden sie aus der Gewerkschaft ausgeschlossen. Wendt ergänzte: »Ich persönlich habe der AfD jede Veröffentlichung mit Ablichtung meiner Person gerichtlich untersagen lassen.«