In der Pandemie treten viele Scharlatane ins Rampenlicht

Risiken und Nebenwirkungen

Laborbericht Von

Eine grassierende Pandemie ruft immer auch allerhand dubiose Gestalten auf den Plan. Die meisten tummeln sich im Milieu der offenkundigen Quacksalber und Scharlatane; so dürfte etwa die Heilpraktikerquote auf Demonstrationen von Coronaleugnern höher liegen als bei der Bevölkerung eines typischen durchgentrifizierten Stadtviertels. Daneben gibt es aber auch jene, die – zumeist dank eines seriösen Anstrichs mit akademischen Titeln – eine breitere Öffentlichkeit erreichen. So etwa der Physiker Prof. Dr. Roland Wiesendanger von der Uni Hamburg, der mit seiner Forschung zum Thema Nanotechnologie offenbar nicht ausgelastet ist und in einer, nun ja: Studie der Marke »Quelle: Internet« herausgefunden haben will, dass Sars-CoV-2 aus einem chinesischen Labor stamme. Das entbehrt zwar jeder wissenschaftlichen Grundlage, aber auch die Berichte darüber, dass Wiesen­danger aus Fachkreisen einhellig widersprochen wurde, trugen dazu bei, die Verschwörungserzählung weiterzuverbreiten.

Fragwürdige Prominenz erlangte jüngst auch der Medizinprofessor und Unternehmer Winfried Stöcker, der in einem Bericht von »Spiegel TV« einen von ihm entwickelten (angeblichen) Impfstoff präsentierte – doch statt »Lob und Anerkennung« habe er eine Strafanzeige erhalten. Zahlreiche Medien griffen die Berichterstattung auf, Tenor: Undank ist der Welten Lohn. Die Frankfurter Rundschau immerhin zeigte sich lernfähig: Ihre Updates sind mittlerweile länger als der Ursprungsartikel und man erfährt, dass Stöcker das Mittel ohne Genehmigung und wohl auch ohne vorherige Tierversuche an Menschen getestet hat – kein Wunder, dass sich die Staatsanwaltschaft dafür interessiert. Zuspruch findet er dagegen in Kreisen, die sonst auf Homöo­pathie schwören und gegen »Big Pharma« wettern – wohl nicht zufällig, denn Stöcker bewegt sich mit wiederholten rassistischen Äußerungen und Sympathie­bekundungen für die AfD im gleichen trüben Fahrwasser wie die sogenannten Querdenker.

Der gefährlichste Vertreter aus der Riege derjenigen, die mediales Kapital daraus schlagen, am Rande der Seriosität zu operieren, dürfte jedoch der allseits bekannte Hendrik Streeck sein. Der darf sich zwar ganz offiziell Virologe nennen, liegt aber mit seinen Prognosen zum Verlauf der Pandemie mit schöner Regelmäßigkeit falsch – und darf zum Dank durch sämtliche Talkshows tingeln. Streecks Ansicht, dargelegt im Buch »Hotspot: Leben mit dem neuen Coronavirus« (fun fact am Rande: Er selbst ist bereits geimpft) passt einfach besser als die immer verzweifelteren Warnungen praktisch aller Fachkolleginnen und -kollegen zur inoffiziellen Regierungslinie, die das Institut der Deutschen Wirtschaft mit der Devise vorgegeben hat, eine »gewisse Sterblichkeit« müsse halt hingenommen werden. Fakten sind nun einmal nicht politisch neutral.