Me-too-Debatte in Serbien
Die Theaterschauspielerin Danijela Štajnfeld hat im vorigen Jahr mit dem von ihr gedrehten Dokumentarfilm »Hold Me Right« einen öffentlichen Me-too-Moment in Serbien und anderen Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens verursacht. Der Film feierte seine Premiere im August 2020 auf dem Sarajevo-Filmfestival. In Štajnfelds Regiedebut kommen Frauen zu Wort, die eine Vergewaltigung erlitten haben; auch sie selbst spricht in dem Film über ihre Erfahrungen. Sie erzählt, dass sie vor acht Jahren von einem im Mediengeschäft mächtigen Mann vergewaltigt worden sei. Das sei ihr Anlass gewesen, Serbien zu verlassen und in die USA zu gehen. Den Namen des Mannes nennt sie im Film nicht; sie erklärte das in Interviews zum Film damit, dass dieser die Opfer und deren Verarbeitung ihrer Erlebnisse, nicht aber die Täter darstellen wolle. Serbische Boulevardmedien spekulierten, um wenn es sich handeln könnte, und warfen Štajnfeld teils sogar vor, die Vergewaltigung als Werbemaßnahme für ihren Film erfunden zu haben.
Nun wurde bekannt, um welchen Mann es geht. Der Beschuldigte ist Branislav Lečić, ein bekannter serbischer Regisseur und Schauspieler, der von 2001 bis 2004 zudem Minister für Kultur und Medien in Serbien war. Štajnfeld war aus den USA nach Serbien gekommen, um Anzeige gegen ihn zu erstatten. Lečić bestreitet die Vorwürfe. In einer öffentlich gemachten Aufnahme eines Gesprächs der beiden weist Štajnfeld ihn darauf hin, dass »nein« auch »nein« bedeute, woraufhin Lečić sagt: »So funktioniert das nicht.« Lečić behauptet, es habe sich nicht um ein Gespräch, sondern um eine Probe für ein gemeinsames Stück gehandelt.
Bereits im Januar hatten in Serbien viele Frauen sexuellen Missbrauch und Vergewaltigungen öffentlich gemacht. Auslöser waren Anzeigen der Schauspielerin Milena Radulović und fünf weiterer Frauen gegen Miroslav Aleksić. Dieser leitet eine angesehene Schauspielschule in Serbien. Gegen ihn wird inzwischen in einer Vielzahl von Fällen von Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch ermittelt. Unter dem Hashtag #nisisama (auf Deutsch: du bist nicht alleine) solidarisieren sich Tausende im Internet mit Opfern sexueller Gewalt. In dieser Debatte hatte sich auch der jetzt Beschuldigte Lečić noch öffentlich geäußert: »Wenn eine Frau nein sagt, dann hat man aufzuhören. Ich kann nicht verstehen, dass manche ihre Triebe nicht unter Kontrolle haben.«