Klassenkampf - Doch nicht geimpft

Keine Zeit verlieren

Kolumne Von

Als die frohe Botschaft uns am Dienstag vor den Osterferien erreichte, mochte sie keiner glauben: Das Personal an weiterführenden Schulen in Berlin solle geimpft werden, hieß es, und zwar schnell, in den Osterferien noch, also superfix! Der Himmel schien gleich ein wenig blauer als zuvor, die Blumen blühten bunter, und die Bildungssenatorin Sandra Scheeres sang mit der Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci im Duett das Lied von der Nützlichkeit einer solchen Impfung; man dürfe jetzt keine Zeit verlieren, sangen sie, tralala. Das musste man uns Lehrerinnen und Lehrern nicht zweimal sagen. Als uns die Weisung erreichte, noch am Freitag vor den Ferien persönlich in der Schule die ersehnten magischen Impfcodes abzuholen, kamen wir gelaufen und gefahren, notfalls mit der BVG, wir kamen in Scharen und reckten unsere bleichen Ärmchen willig der Impfnadel entgegen. Gut, es gab vielleicht ein paar Diskussionen darüber, aus welchem Grund die Codes nicht einfach per E-Mail verschickt wurden, und darüber, ob das nun Zufall oder Berechnung sei, dass wir uns möglichst in den Osterferien impfen lassen sollen, in denen eventuelle Nebenwirkungen ganz ­sicher nicht zu Stundenausfällen führen, und natürlich nörgelten einige herum, weil es für uns ausschließlich Astra-Zeneca geben sollte, aber ich bitte euch, wir sind Lehrerinnen und Lehrer, das Herumnörgeln ist halt unser Geschäft, aber am Ende machen wir dann ja doch immer, was wir sollen.

Und so gab es drei Stunden nach Verteilung der Impfcodes dann auch keine Termine für Astra-Zeneca-Impfungen mehr, alles ratzekahl leergebucht. Das war unschön, weil man das diesbezügliche Schreiben so lesen konnte, dass, wer jetzt komisch he­rumeiert und keinen Termin für eine Impfung mit ­Astra-Zeneca abmacht, sich wieder ganz, ganz hinten anstellen muss und dann wohl erst so im Dezember drankommt. Aber keine Sorge, zur Geisterstunde desselben Tages schickte der Senat seine kleine Impffee und schaltete schöne neue Termine frei, am Ende hatten alle einen festen Termin, waren zufrieden und  Nein, natürlich nicht, schließlich sind wir hier in Berlin. Eine Woche später wurde uns also mitgeteilt, dass wir wieder zurückgestellt und die Termine ungültig sind – April, April. Und das, meine Lieben, ist ein Beispiel für eine insgesamt eher nicht so gelungene Kommunikation. In meinem Kollegium wird infolge des Missgriffs gerade über mögliche Protestformen nachgedacht, einige halten es zum Beispiel für eine gute Idee, den Laden jetzt einfach mal niederzubrennen, das gäbe ein feines Osterfeuer und dann wäre endlich Ruhe im Karton. Ich dagegen glaube, dass das der Osterbotschaft nicht ganz gerecht wird, denn in dieser geht es ja um die Auferstehung, nicht wahr, um Hoffnung also, und die, wir wissen es alle, stirbt schließlich zuletzt.