Das Medium: Der große Allesdichtmachen-Twitter-Krieg

Versteckte Kamera

Kolumne Von

Da man noch nicht einmal versehentlich »Tatort« oder eine andere deutsche Fernsehproduktion einschaltet, hätten einem die Allesdichtmachen-Videos natürlich vollkommen egal sein können. Zumal man von den meisten dieser Leute, von denen es heißt, sie seien namhafte deutsche Schauspieler und Schauspielerinnen, vorher noch nie gehört hatte.

Andererseits begann praktisch sofort nach dem Erscheinen der Machwerke der Querdenken-Mob auf Twitter ein großes Triumphgeschrei, und deswegen musste das Elend doch angesehen werden. Um es kurz zu machen: Irgendetwas stimmte nicht. Und zwar nicht nur mit den dargebotenen Schauspielkünsten, was nun aber bei deutscher Darstellungsprominenz auch nicht anders zu erwarten war, sondern vor allem mit den Texten. Dass 53 Menschen irgendwie gleichlautende Texte über ihre Gefühle und Ängste verfassen und diese alle gleich schlecht ausfallen, ist eigentlich nicht wahrscheinlich. Nicht ausgeschlossen, dass diese Leute einfach bloß vorlesen, was ihnen irgendwer in die Hand gedrückt hat, und dass sie vielleicht irgendwie hereingelegt wurden und dachten, das Ganze sei ein Casting. Doch dann war der große Allesdichtmachen-Twitter-Krieg bereits in vollem Gange und die Dimensionen des Skandals waren noch nicht absehbar.

Mittlerweile ist klar, dass einer der Initiatoren, ein »Tatort«-Regisseur namens Dietrich Brüggemann, wohl mehr Resonanz in der Querdenker-Szene hat, als ihm lieb sein kann. Stücke, die er komponierte, sollen bei deren Demos gespielt worden sein, twitterte jemand. Brüggemann löschte die Stücke, die er hochgeladen hatte, zwar kurz darauf, aber Umsichtige hatten sie bereits gesichert. Und dann lobte Brüggemann in einem Tweet ausgerechnet »Freie Linke«, links posierende »Querdenker«. Screenshots, die aus der Freie-Linke-Chatgruppe stammen sollen und auf Twitter kursieren, zeigen derbe antisemitische Äußerungen.