Die preisgekrönte Reportage: Wie die Kampagne #Allesdichtmachen entstand

»Wir sind keine Querdenker, du Lügenschreiber!«

Kolumne Von

»Steck dir deinen Notizblock in den ARSCH! Steck dir deine interessierten Nachfragen in den Arsch! Steck dir deinen ARSCH in den ARSCH!« Immer wieder schreit Extremregisseur Brückenmann den Text des neuen Opus magnum ins Mikrophon – ein starkes, unbequemes, pressekritisches Statement, mit dem der Initiator der umstrittenen Kampagne #Allesdichtmachen bewusst anecken will. Ein paar der Berliner Philharmoniker runzeln die Stirn, als die letzten Streicher-Glissandi verklingen, die Brückenmanns beinharten Protestsong begleitet haben. Ob sie wirklich vorher wussten, worauf sie sich da eingelassen haben?

»Wir sind keine Querdenker, du Lügenschreiber!« stellt Brückenmann gleich zu Anfang unseres Termins klar. »Lediglich unsere Analysen, Forderungen und Organisationsformen sowie unsere Sprache – da gibt es vielleicht einige zufällige Überschneidungen. Und ja, meine Musik wird auf Querdenker-Demos gespielt. So wie auch Richard Wagner! Aber hören Sie Richard Wagner sich jetzt jedes Mal distanzieren, nur weil irgendwelche Gruppen seine Musik zweckentfremden? Nein, denn Wagner weiß: Das ist Satire, das ist Kunst. Und wer das nicht akzeptiert, den stecke ich mir IN DEN ARSCH.«

Der angenehm analfixierte Regisseur führt uns vom Aufnahmestudio durch sein Atelier. In einer Sofaecke sitzen der Schriftsteller Fabian Kehlmann, der Virologe Strack und der Philosoph Morten Gabriel im Gespräch mit Jan Jakob Lefers. »Der freundliche Herr von Storymachine ist gerade unsere Dementis mit uns durchgegangen, jetzt chillaxen wir ein bisschen«, sagt Kehlmann und greift mit beiden Händen in die Biscotti-Schale. »Unsere Agenten sind nicht informiert, die warten im Nebenzimmer!«

Brückenmann ist nicht zufrieden. »Seit November bin ich dabei, diese Penner zusammenzutrommeln! Und nun wollen sich diese Idioten unbedingt distanzieren. Wegen ein bisschen Gegenwind! Dann ist der schöne Biergartensommer halt ganz tief im ARSCH!« Ein Hauch von Selbstkritik? »Wir sind halt einfach zu früh damit raus. Wir dachten wirklich, die Protestbewegung ist schon größer. Dann kommen diese fake news aus Indien, und alle so: mimimi, alles wieder zumachen!« Was sind seine nächsten Pläne? »Langzeitpläne sind FÜR DEN ARSCH. Vielleicht muss ich jetzt in die Türkei fliehen, zusammen mit Hildmann den Widerstand organisieren. Aber keine Sorge: Ich ziehe mir schon was AUS DEM ARSCH, IHR ARSCHLÖCHER!«

 

Aus der Urteilsbegründung: Leo Fischers preisgekrönte ­Reportagen sind in hohem Maße fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen Personen und Geschehnissen sind unbeabsichtigt.