Homestory

Homestory #20

Das, worauf man den ganzen Tag schaut, sollte einem schon ein bisschen gefallen. Da man als Redakteurin oder Redakteur nicht neun Stunden lang auf einen hübschen See oder in die Knopfaugen eines niedlichen Hundewelpen blickt, sondern ständig auf schwarze Buchstaben, die man in einem Dokument hin und her bewegt, sollte die Typographie ansprechend sein und zur Persönlichkeit passen. Eine Schrift muss aber auch praktisch sein. Ultraklare Buchstabenkonturen und -abstände, die den Kriterien gleichmäßige Unterschneidung, Einheitlichkeit, Balance und Lesbarkeit genügen, sind insbesondere im Homeoffice wichtig. Beim Verfassen oder Bear­beiten systemsprengender Langessays auf dem kleinen Laptop verliert man sonst sehr schnell den Überblick. Aber die abstoßend hässliche Arial will man natürlich auch nicht auf seinem Bildschirm ertragen.

Eine Umfrage zeigt: Großer Beliebtheit erfreut sich bei den Kollegen und Kolleginnen inklusive Autorinnen und Autoren die gute alte Times New Roman. Einen nostalgisch veranlagten Kollegen erinnert dieser Font mit seinen Serifen »an die gute alte Tipperei auf der Schreibmaschine«. Auch nicht frei von Nostalgie ist die Vorliebe seiner Kollegin für die Georgia. Diese Schrift mit dem klangvollen Namen, der an Jazz und Regentage gemahnt, ist eine 1996 für Computerbildschirme entwickelte Barock-Antiqua, die auch von der New York Times verwendet wird. Die für Microsoft entwickelte Sylfaen hat ebenfalls einen Fan in der Redaktion, der meint, dass sie »schnöden Demoberichten sofort etwas Glanz« verleiht.

Für unsere Layouterin gibt es nur eine Schrift, die zählt: die Grundschrift der Jungle World, in der die Texte schließlich gedruckt werden. Entwickelt hat sie Lucas de Groot, wenn auch »nicht explizit für uns«, schränkt die Kollegin ein. Was Sie hier lesen, ist QuaText, die Überschriften sind FlorisSlab. Letztere ist eine Weiterentwicklung der nach de Groots Sohn benannten Floris, die wir auch schon früher verwendet haben. So sieht’s aus.