Bashar al-Assad lässt sich in einer manipulierten Wahl als syrischer Präsident bestätigen

No Future mit Assad

Der syrische Präsident Bashar al-Assad hat sich in manipulierten Wahlen im Amt bestätigen lassen.
Kommentar Von

Das Szenario ist bitterböse, doch die syrische Präsidentschaftswahl, bei der Bashar al-Assad sich mit offiziell 95,1 Prozent der Stimmen hat wiederwählen lassen, konnte auch mit zahlreichen Monty-Python-Momenten aufwarten. Da gab es übereifrige Fans des Präsidenten, die sich gleich mehrfach vor verschiedenen Wahlurnen bei der Stimmabgabe ablichten ließen, manchmal sogar in verändertem Outfit. Ein bulliger Milizführer ritzte sich die Brust und tränkte den Wahlzettel an der richtigen Stelle mit seinem Blut. In einem vorbildlichen Wahllokal hielt eine Handykamera fest, wie ein Wahlleiter seine stressige Arbeit aufopfernd erfüllte: Zwischen Kontrolle des Personalausweises und Ausgabe der Wahlunterlagen vergaß er nicht, den Wahlzettel jeweils selbst sorgfältig auszufüllen. Meist warf er den Zettel auch gleich selbst in die Urne.

Dass Assad zehn Jahre nach Beginn des Kriegs in Syrien als Präsident wiedergewählt wurde, war keine Überraschung. Das Ergebnis birgt gleichwohl einige Botschaften. Bei der vorigen Wahl vor sieben Jahren ließ Assad sein Wahlergebnis knapp unter 90 Prozent rutschen – das ist so ungefähr das Maximum, das ein großer Führer an Zugeständnissen wagen kann. Aber nun sei die Krise überwunden, der Krieg gewonnen, das Land wieder geeint, so die Botschaft des Propagandaapparats, also war klar, dass sich der große Sieg in einem höheren Wahlergebnis widerspiegeln musste.

Auch die offizielle Zahl der abgegebenen Stimmen, 13,5 Millionen, ist interessant: Im Herrschaftsbereich Assads befinden sich Schätzungen zufolge lediglich um die acht Millionen Erwachsene. Zudem war der Ort seiner Stimmenabgabe fein gewählt: Assad trat mit seiner Gattin Asma in Douma vor die Wahlurne, einem lange umkämpften Ort bei Damaskus, 2018 Schauplatz eines Giftgasangriffs durch Assads Truppen auf die Zivilbevölkerung.

Während Assad seine bizarre Wahlshow abzog, versuchten die zuständigen UN-Funktionäre immerhin, im engen Rahmen ihrer diplomatischen Ausdrucksmöglichkeiten auf die Realität in all ihrer Bitterkeit hinzuweisen. Geir Pedersen, der UN-Sondergesandte für Syrien, wies vor dem UN-Sicherheitsrat darauf hin, dass Gewalt, Terrorismus und Menschenrechtsverletzungen in Syrien weiter an der Tagesordnung seien. Er hatte bereits vor der Wahl immer wieder betont, dass diese den Genfer Verhandlungen entgegenstehe und von der Syrien-Resolution des Sicherheitsrats nicht gedeckt sei. Eigentlich sollten die von Pedersen geleiteten Verhandlungen zuerst zu einer neuen Verfassung und dann zu von den UN überwachten Wahlen führen. Allerdings hat Assads Delegation in Genf die Gespräche, die vor allem auf Drängen Russlands zustande gekommen waren, von vornherein torpediert. Russland und der Iran haben Assads Überleben militärisch gesichert, zum Verhandeln hat er keine Lust. Worüber auch?

Mark Lowcock, der Koordinator der humanitären Nothilfe der UN, wies vor dem Sicherheitsrat darauf hin, dass trotz der relativen Ruhe in Syrien mehr als 40 Prozent der Bevölkerung keine ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln hätten. Die Wirtschaft ist zusammengebrochen, die Bevölkerung am Rande der Hungersnot – Syrien ist unter Assads Herrschaft ein Land ohne Zukunft.

Den Präsidenten ficht das allerdings nicht an, er hat das Land mit riesigen Plakaten von sich tapezieren lassen, für die der Geheimdienst vorher bei der Bevölkerung »Spenden« einsammelte. Der syrische Staat hat sich nach zehn Jahren Krieg endgültig zu einem mafiösen Gebilde entwickelt, in dem das Herrscherpaar die profitabelsten Geschäfte für sich reserviert hat. Zuletzt bekam das Rami Makhlouf zu verspüren, ein Cousin des Präsidenten und lange der reichste Tycoon Syriens, dessen Anteile an praktisch der halben syrischen Wirtschaft beschlagnahmt wurden. Assad hat sich im Laufe des Kriegs mit einer neuen Korona aus Milizenführern und dubiosen Geschäftsleuten umgeben, die der Krieg reich gemacht hat. Auch an der humanitären Hilfe der UN – die zu einem Großteil von Deutschland getragen wird, das Ende März eine weitere Zahlung von über 1,7 Milliarden Euro zugesagt hat – verdienen die Assads und ihre Günstlinge.

Politisch hat Assad wenig Spielraum, schließlich ist er völlig vom Schutz des Iran und Russlands abhängig. Er wird sie nicht los und sie werden ihn nicht los. Assad kann nur ausharren und hoffen, dass die sogenannte internationale Gemeinschaft und der Westen sich irgendwann wieder an ihn gewöhnen. Unter den Nachbarpotentaten hat er sogar gewisse Chancen, das zeigen die Annäherung der Vereinigte Arabischen Emirate und nun auch Saudi-Arabiens. Am Golf würde man vermutlich wieder mit Assad ins Geschäft kommen wollen, wenn der sich ein wenig vom Iran distanzieren würde, was er aber nicht kann. Auch im Westen hat Assad seine Fürsprecher, in Deutschland sitzen sie nicht nur in der AfD oder der Linkspartei, Putin-Versteher aller Couleur haben auch ein Herz für Assad. Jenseits des lunatic fringe ist Assad im Westen allerdings verbrannt. Der Leichenberg, auf dem der frisch wiedergewählte Präsident thront, ist zu hoch und zu gut dokumentiert.