Das Lastenrad aus Sicht eines Mobilitätsexperten

»Lastenrad im Kofferraum, gerne!«

Die Zukunft des Transportwesens aus Expertensicht.
Die preisgekrönte Reportage Von

»Da, sehen Sie! Wie voluminös, wie unelegant! Ein klobiges, unförmiges Ding, das sich nur städtische Wohlstandsbürger leisten können!« Der Fahrradexperte Stefan Etz blickt angewidert auf ein Armin-Laschet-Plakat. »Außerdem hat er noch kein Wort über Lastenräder gesagt. Das zeigt mir, dass Laschet nicht der Richtige ist.«

Ein Vorschlag der Grünen hat eine bundesweite Debatte über die staat­liche Subventionierung von Lastenrädern eröffnet: 1 000 Euro will die Partei den Käuferinnen und Käufern von E-Lastenrädern geben, und noch einmal 1 000 Euro drauf, wenn sie dann auch wirklich damit fahren. Etz erläutert das Prämiensystem: »Es soll Anreize schaffen, dass die Leute das Rad nicht nur in der Garage stehen lassen, um es gelegentlich ausgewählten Bekanntschaften zu zeigen. An dem Punkt bin ich persönlich ja besonders skeptisch.« Etz muss es wissen, denn er ist Redakteur im neugeschaffenen Ressort »Fahrrad, E-Mobilität und Rezepte« des auflagenstarken ADAC-Magazins.

»Wir müssen zunächst einmal analysieren: Wofür würden die Leute ein Lastenrad einsetzen? Nur um schnell mal einen Kasten Bier zu kaufen? Oder eine Kiste mit Rauschgift? Da müssen wir uns fragen, ob wir damit nicht die falschen Anreize setzen. Schon jetzt sind Lastenräder ein großes Ärgernis für viele Anwohner.« Etz bittet uns in seinen SUV, um mit uns durch die Frankfurter Innenstadt zu fahren.

Im Lärm des Alleenrings wendet er immer wieder, fährt Schleifen, schickt verzweifelte Blicke in die Blechlawine. Nach Stunden schreit er plötzlich auf: »Da, sehen Sie!« Tatsächlich: Eine ältere Person in alternativer Kleidung fährt mit einem Lastenrad auf eine Kreuzung. »Sehen Sie, wie viel Platz das Rad wegnimmt? Ich zähle zwei Dutzend Autos, die wegen des Lastenrads ihre Geschwindigkeit leicht reduzieren mussten. Das kann es doch auch nicht sein!«

Etz fährt wieder in den Ring, genießt das Hupen, den Gestank. »Als Vertreter eines Mobilitätsmagazins wollen wir eine Förderung von Nicht-PKW mit Augenmaß, keine Subventionen nach dem Gießkannenprinzip. So ein Pedelec kann ich mir sehr gut vorstellen als Ergänzung zum PKW: Man baut es auseinander, legt es in den Kofferraum, baut es am Zielort wieder zusammen, dreht dann zwei Runden. Über ein solches Konzept lasse ich mit mir reden. Lastenrad im Kofferraum, gerne! Oder im Porsche-Design! Ansonsten sollte der Staat mir da nicht mitmischen. Wenn Sie mir kurz das Fahrtenbuch geben, ich muss mir die Kilometer zurückholen … «

 

Aus der Urteilsbegründung: Leo Fischers preisgekrönte ­Reportagen sind in hohem Maße fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen Personen und Geschehnissen sind unbeabsichtigt.