Der Synagogenanschlag und die »gamification« rechtsextremen Terrors

Die Egoshooter

Der Attentäter von Halle inszenierte seine Tat im Stil eines Egoshooters. Die Computerspielästhetik soll Tätern, aber auch Nachahmern, die Ausübung extremer Gewalt erleichtern.

Gamification soll motivieren. Der Begriff beschreibt, dass Menschen mit Techniken, die man sonst aus Videospielen kennt, angespornt werden, sonst eher lästige Tätigkeiten auszuführen, sei es beim Lernen, beim Arbeiten oder in der Freizeit. Zahlreiche Apps folgen diesem Prinzip, zum Beispiel die Sport-App Fitbit, die ihre Nutzer und Nutzerinnen mit Abzeichen belohnt, wenn diese eine gewisse Strecke ge­laufen sind. Bei der App Habitica erhält man für das Erledigen von Aufgaben wie Frühjahrsputz oder Steuererklärung Erfahrungspunkte, die dann in einen schicken Pixel-Umhang für den eigenen Avatar eingetauscht werden können. Unliebsame Aufgaben werden als Spiel aufbereitet, damit sie leichter von der Hand gehen. Fitbit ist inzwischen ein milliardenschweres Unternehmen, auch im Bildungsbereich wird gamification propagiert, um Schüler zu motivieren.

Auf dem Imageboard 8chan kursierte noch Monate nach dem Anschlag auf die Moschee in Christchurch ein rassistisches Meme mit dem Titel »beatmyscore«.

Seit einigen Jahren ist der Begriff jedoch auch in einem anderen Kontext gebräuchlich: Er beschreibt, wie vor ­allem rechtsextreme Terroristen ihre Taten inszenieren, um sowohl sich als auch mögliche Nachahmer zu extremen Gewaltakten zu motivieren. Der Begriff »gamification of terror« wurde geprägt, nachdem im März 2019 ein rechtsextremer Attentäter in der neuseeländischen Stadt Christchurch 51 Besucher und Besucherinnen einer Moschee ­ermordete sowie 40 weitere ver­letzte. Der Attentäter übertrug das Massaker mit einer auf seinem Helm befestigten Kamera als Stream im ­Internet. Einer der ersten Kommentare unter dem Live-Video lautete: »Knack’ den Highscore!«

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