Das Album »Things Take Time, Take Time« von Courtney Barnett

Ohne Pathos

Platte Buch Von

In einigen Rezensionen wurde beanstandet, dass Courtney Barnetts bereits im November erschienenes drittes Album »Things Take Time, Take Time« unfertig daherkomme. Die Beobachtung stimmt zwar: Die Beats sind nicht am Schlagzeug eingespielt, sondern minimalistisch programmiert (von Stella Mozgawa von der Band Warpaint); die grungige, fast schon stadiontaugliche Kombination aus cleanen Gitarren in der Strophe und verzerrten im Refrain die man auf ihrem vorigen Album »Tell Me How You Really Feel« des Öfteren vorfand, ist einem durchgängig ­getragenen, zum Teil sogar verträumten Folkpop-Sound gewichen.

Aber das sind keine Schwächen des Albums, sondern es lenkt die Aufmerksamkeit noch stärker auf das Wesentliche – Barnetts brillantes Songwriting. Schon der Auftakt, die Single »Rae Street«, zieht den Hörer mit seiner eigentlich simplen Akkordfolge und Barnetts typischem, halb erzählendem Singsang unwillkürlich in das Album hinein und gibt die Stimmung vor: »In the mornings I’m slow / I drag a chair over to the window / And I watch what’s going on«. Und ehe man sichs versieht, mündet der Song in einen lakonisch-sloganhaften, herrlichen Refrain: »Well, time is money / And money is no man’s friend«.

Mit kleinsten Melodiebewegungen, sei es im Gesang oder in den Gitarrenmotiven, gelingt es der australischen Musikerin weiterhin, ohne jegliches Pathos Gefühle von Trauer oder Freude, Liebe oder Frustration auszudrücken. Ob des zumindest vordergründig unspektakulären Charakters von »Things Take Time, Take Time« fand es sich, anders als Barnetts bisherige Alben, auch kaum in all den Bestenlisten für das vergangene Jahr. Man möchte den Kolleginnen und Kollegen der Musikkritik zurufen: Hört doch mal richtig hin!

Das Album endet mit einem wei­teren Höhepunkt, der Ballade »Oh the Night«, in der Courtney Barnett, begleitet von Klavier statt Gitarre, von Schlaflosigkeit und den ewigen Gedankenspiralen singt: »Oh, the night goes so slowly / Anytime I get low / And I don’t really need reminding / I know it’s only in my mind«.

Courtney Barnett: Things Take Time, Take Time (Milk!/Mom + Pop/Marathon)