Das Leben von Catharina Linck

Die Doppeldeutigkeit der Aufklärung

Catharina Margaretha Linck war die letzte Frau, die in Europa wegen »Unzucht mit einem Weibe« hingerichtet wurde. Angela Steidele hat ihr Leben erzählt.

Im frühen 18. Jahrhundert klang im Duktus von Gerichtsakten mitunter noch der Stil nach, in dem die Todesurteile in den Hexenprozessen des Spätmittelalters begründet worden waren. Ein Schriftsatz des Berliner Criminal-Collegiums vom 19. Juli 1721 über den Fall der aus dem Kyffhäuserkreis stammenden Hochstaplerin Catharina Margaretha Linck, die unter dem Namen Anastasius Lagran­tinus Rosenstengel als pietistischer Prophet durch die Lande gezogen war und als Soldat am Spanischen Erbfolgekrieg teilgenommen hatte, enthält neben Invektiven gegen weibliche Unzucht und Anmaßung folgende gedrechselt formulierte Hinrichtungsempfehlung: »Demnach aber das Laster der Sodomiterey verschiedene Species in sich begreifft, und einmahl mit sich, so schändlich, das andere mahl mit seinesgleichen, als Mann mit Mann, Weib mit Weib, so schändlicher, und das drittemahl mit dem unvernünfftigen Vieh, so am allerschändlichsten, begangen wird, (…) weshalb (…) die erste art mit der Relegation, die Zweydte mit dem Schwerdt, und die dritte mit dem Feuer pflegt bestrafft zu werden.«

Die Quellen zu Lincks Lebensgeschichte führen vor Augen, dass der Eindruck der Unangepasstheit sich zum Teil gerade Lincks Bedürfnis verdankte, an Erfahrungen teilzuhaben, die für den männlichen Teil der Bevölkerung selbstverständlich waren.

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