Die USA bitten Golfstaaten vergeblich um die Förderung von mehr Erdöl

Alte Partner gehen neue Wege

Um russisches Öl zu ersetzen, zählen die USA unter anderem auf Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Doch deren Partnerschaft mit den USA steckt in einer Krise.

Eine Alternative zu Nord Stream 2? Am Wochenende reiste Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für drei Tage an den persischen Golf, um für deutsche Firmen möglichen Ersatz für die Energieimporte aus Russland zu organisieren (siehe Seite 9). In Katar verhandelte Habeck gemeinsam mit einer Delegation von deutschen Wirtschaftsvertretern über den Import von Flüssiggas, in den Vereinigten Arabischen Emiraten über den zukünftigen Bezug von Wasserstoff.

Russland ist aber nicht nur der wichtigste Lieferant von Erdgas für die EU, sondern war 2020 mit einem Weltmarktanteil von acht Prozent auch der größte Ölexporteur der Welt. Anfang März verhängten die USA einen Importstopp für Öl aus Russland, Großbritan­nien will bis Ende des Jahres den Import von russischem Öl beenden. Die EU, die 2020 noch mehr als die Hälfte aller russischen Ölexporte kaufte, konnte sich zu einem Importstopp nicht durchringen. Sie will jedoch in den kommenden Jahren ihre Abhängigkeit von allen aus Russland importierten Energieträgern reduzieren.

Der russische Krieg in der Ukraine und von westlichen Staaten verhängte Sanktionen haben zu einem Anstieg der Ölpreise geführt.

Bereits jetzt haben der Krieg in der Ukraine und von westlichen Staaten verhängte Sanktionen zu einem Anstieg der Ölpreise geführt, am Montag betrug der Preis für ein Barrel der Ölsorte Brent 114 US-Dollar. Große Ölfirmen wie Halliburton, Shell oder BP kündigten zudem an, sich aus Russland zurückzuziehen. Weil diese Firmen wichtige technologische Dienstleistungen zur Erschließung von Ölquellen bereitstellen, die sich nicht leicht ersetzen lassen, könnte das den russischen Ölsektor langfristig schädigen. Auch ­andere Faktoren trieben den Ölpreis weiter in die Höhe. Am Sonntag beschossen die jemenitischen Houthi-Milizen Ziele in Saudi-Arabien, wodurch unter anderem wichtige Kapazitäten bei der Ölraffinierung ausfielen.

Schon am 1. März hatten verschiedene Staaten, darunter die USA, insgesamt 60 Millionen Barrel Öl aus ihren Reserven zum Verbrauch freigegeben. Doch um den Ölpreis über einen längeren Zeitraum stabil zu halten, wäre langfristig mehr Angebot auf dem Weltmarkt notwendig.

Eine Neuauflage des Atomabkommens mit dem Iran könnte dazu bei­tragen, denn die 2018 von der Regierung Donald Trump erlassenen Sank­tionen schränken den Export von iranischem Erdöl ein. Schätzungen zu­folge könnte der Iran schnell wieder über eine Million Barrel täglich exportieren, langfristig auch mehr. Die EU hatte vor 2018 mit 520 000 Barrel pro Tag zu den größten Abnehmern iranischen Öls gehört. Vor allem Raffinerien in Südeuropa mussten dem Branchendienst Energy Intelligence zufolge aufgrund der US-Sankti­onen auf Öl aus Russland umsteigen. Doch erwarten Analysten, dass der Iran Öl vor allem nach Asien liefern werde, wo der Energiebedarf seit Jahren rapide zunimmt und die Verhängung von Sanktionen gegen das Land nicht zu befürchten ist.

Nachdem Russland die Ukraine angegriffen hatte, entsandten die USA Anfang März sogar eine Delegation nach Venezuela, um über Öllieferungen zu verhandeln; die USA hatten ihre diplomatischen Beziehungen mit Venezuela 2018 abgebrochen. Die Ölexporteure Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate versuchten die USA dazu zu bewegen, mehr Öl zu exportieren, um russisches Erdöl zu ersetzen. Doch wie das Wall Street Journal berichtete, weigerten sich sowohl der Kronprinz von Saudi-Arabien, Mohammed bin Salman, als auch Scheich Mohammed bin Zayed al-Nahyan, der die Politik der Emirate bestimmt, persönlich mit dem US-Präsidenten über das Thema zu sprechen. Beide Länder sind Teil der Allianz von Ölexporteuren namens Opec+, einem Bündnis aus den Opec-Staaten und unabhängigen Förderstaaten einschließlich Russlands. 2018 schloss Opec+ ein Abkommen, um seinerzeit niedrige Ölpreise durch Förderabsprachen auf einem höheren Niveau zu stabilisieren. Nach Beginn der Covid-19-Pandemie 2020, als die Nachfrage nach Erdöl und damit auch die Preise global einbrachen, einigte sich die Allianz auf Absprachen zur Verhinderung eines Überangebots. An diesen Absprachen wollen die Länder trotz der Bitten der USA festhalten.

Hinzu kommen Konflikte zwischen den USA und Saudi-Arabien. Die saudische Regierung lehnt eine Neuauflage des Atomabkommens mit dem Iran ab und wünscht sich weiterhin mehr US-Unterstützung im Krieg gegen die Hou­this im Jemen. Joe Biden hatte während des Wahlkampfs die saudische Regierung hart kritisiert, nannte sie wegen ihrer Menschenrechtsverletzungen einen »Paria« und versprach, die militä­rische Unterstützung für die saudische Kriegführung im Jemen einzustellen. Auch persönlich haben Biden und der Kronprinz von Saudi-Arabien bin Salman eine schlechte Beziehung. Nicht nur gab es bisher keinen offiziellen Staatsbesuch Bidens in Saudi-Arabien, die beiden sollen sogar nicht einmal persönlich miteinander gesprochen haben.

Der britische Ministerpräsident ­Boris Johnson reiste hingegen Mitte März in die Golfregion und unter­zeichnete unter anderem mit Saudi-Arabien ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft. Gleichzeitig sucht Saudi-Arabien nach neuen Bündnispartnern. Mitte März wurde bekannt, dass Saudi-Arabien mit China darüber verhandele, dass Öllieferungen zukünftig nicht mehr in US-Dollar, sondern in der chinesischen Währung Yuan bezahlt werden könnten.

Auch die Vereinigten Arabischen Emirate gingen nicht auf die Forderungen der USA ein. Am 17. März reiste der Außenminister der Emirate, Scheich Abdullah bin Zayed al-Nahyan, nach Moskau und sagte, sein Land wolle auch in Zukunft in Fragen der Energiesicherheit mit Russland zusammenarbeiten. Am Freitag voriger Woche düpierte das Land die USA erneut und empfing den syrischen Diktator Bashar al-Assad, einen engen Verbündeten Russlands, zu einem offiziellen Staatsbesuch. Es war da erste Mal seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs vor elf Jahren, dass Assad ein arabisches Land besuchte, und ein Affront gegen die Politik der USA, die das syrische Regime international isolieren wollen. Das US-Außenministerium kommentierte nur, es sei über den Empfang Assads »tief enttäuscht«.