Bevor Elon Musk den Kapitalismus zu den Sternen bringt

Besser jetzt als nie

Die Apokalypse könnte auch nicht der große Knall sein.

Als gestandener Apokalyptiker hat man es derzeit nicht leicht. Wer bereits in den achtziger Jahren unter Alpträumen von Klimakollaps und Atomkrieg litt, kommt in Sachen Weltuntergangsangst inzwischen nicht mehr so richtig auf Touren. Vielleicht ist es nicht möglich, sich 40 Jahre lang in gleichbleibender Intensität vor einem Klimawandel zu fürchten, dessen unangenehmste Auswirkung auf das eigene Leben bislang die Gefahr ist, beim Einkaufen aus Versehen zu einem dieser grässlichen Fleischersatzprodukte zu greifen. Und wenn Wladimir Putins Langstreckenraketen sich in ähnlichem Zustand befinden wie seine sonstigen Streitkräfte, wird die angedrohte atomare Apokalypse ohnehin an einer rostigen Schraube oder einem gerade schwer verkaterten General scheitern.

Verblasst nicht alles apokalyptische Grauen gegen die unendliche Fort-schreibung all der Ungerechtig­keit, des Elends und der Dummheit?

Eine tiefsitzende Angst ist dafür mit den Jahren stetig gewachsen: Was, wenn es keine Apokalypse gibt? Wenn alles einfach immer so weitergeht? Wenn es noch in 1 000 Jahren Naziterror gibt, religiöse Irre Menschen stei­nigen, Verschwörungswütige neue Verschwörungen erfinden, Linke Propaganda für Despoten machen, Menschen sich selbst als »Verbraucher« ­bezeichnen und Freiheit stets nur ­Konsumfreiheit meint? Wie viele Batman- oder James-Bond-Darsteller soll es noch geben? Wie oft kann man die immer gleichen Geschichten in Romanform bringen oder die Musik und Mode der Siebziger, Achtziger und Neunziger recyceln? Wie viele Sloter­dijks und Prechts müssen noch ihren verbalen Durchfall in die Welt flatschen lassen, bis man wenigstens das einst so hehre Projekt Philosophie per Dekret für abgeschlossen erklärt? Kurz: Verblasst nicht alles apokalyptische Grauen gegen die unendliche Fortschreibung all der Ungerechtigkeit, des Elends und der Dummheit, die das Leben für denkende, fühlende Menschen schon heute zur Hölle machen? Sicher wäre es toll, wenn im Jahr 2265 Captain Kirk ins All aufbrechen müsste, um auf anderen Planeten Nazis, religiöse Irre und Des­poten zum Vermöbeln zu finden. Aber nach heutigem Stand der Dinge brächte wohl eher ein Elon-Musk-Klon den ­Kapitalismus zu den Sternen, und das gilt es doch zu verhindern, oder? Also bitte: Apokalypse jetzt!