Die »Buchmesse Popup« bot in Leipzig Ersatz für die ausgefallene große ­Frühjahrsmesse

Literarischer Frühling trotz Absage

Wegen der erneuten pandemiebedingten Absage der Leipziger Buchmesse organisierten Vertreterinnen und Vertreter der Branche eine alternative Pop-up-Messe mit strengen Hygieneauflagen. Teilnehmende Verlage zogen eine positive Bilanz.

Dumm gelaufen: Dieses Jahr sollte die Buchmesse in Leipzi2g, die schon in den beiden vergangenen Jahren wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt worden war, endlich wieder stattfinden. Wenige Wochen vor dem geplanten Messewochenende vom 17. bis zum 20. März jedoch mussten die Verantwortlichen die große Messe erneut absagen. Zu viele Ausstellerinnen und Aussteller hatten ihre Teilnahme aufgrund der schwer einzuschätzenden Situation in der Pandemie nicht zugesichert. Diese Meldung kam für viele Verlage, in der Branche Arbeitende und Buchinteressierte überraschend, fanden doch andere Großveranstaltungen wie beispielsweise das Literatur­festival »Lit.Cologne« in Köln mit an die Pandemie angepassten Hygienekonzepten wie gewohnt statt.

Schon rasch nach der Absage wurden immer mehr Vorschläge aus dem Literaturbetrieb laut, die Messe und insbesondere auch das Lesefest »Leipzig liest« anders zu organisieren und doch stattfinden zu lassen. Im Gegensatz zur jährlich im Oktober stattfindenden Frankfurter Buchmesse ist die Leipziger Buchmesse immer schon insbesondere für Leserinnen und Leser interessant gewesen, eine Veranstaltung mit facettenreichem Rahmenprogramm in kleinen Buchhandlungen, Theatern und Lesesälen, mit Gesprächsrunden, ­Lesungen und Podiumsdiskussionen verteilt in der ganzen Stadt. Sie ist das größte Kultur­event in Ostdeutschland und nicht zuletzt deswegen bedeutsam für die ökonomische und kulturelle Entwicklung in dieser Region sowie auch für die Präsentation ostdeutscher und osteuropäischer ­Literatur.

Nicht nur die Covid-19-Pandemie, sondern auch die Papierkrise führten in der Buchbranche derzeit zu Schwierigkeiten, so Gunnar Cynybulk vom Kanon-Verlag.

Rund 60 Verlage präsentierten deshalb im Rahmen der »Buchmesse Popup« vom 18. bis 20. März in einer Halle des alternativen Kulturzentrums Werk II im Leipziger Süden ihre Bücher. Und auch an anderen Orten gab es Veranstaltungen: So organisierte zum Beispiel der Verein Buchkinder Leipzig e. V. verschiedene Ausstellungen und Angebote für Kinder und Jugendliche, mit dabei auch eine mobile Druckwerkstatt. Im Traditionskino UT Connewitz und online fand die Lesungsreihe »Wir und Sie« des Übersetzungsnetzwerks Traduki statt, das sich auf Literatur aus Südosteuropa spezialisiert hat. Bereits im dritten Jahr in Folge fand ihre Reihe »Common Ground – Literatur aus Südosteuropa« statt.

Statt überdimensionaler Aufsteller und großem Messegedränge gab es im Werk II übersichtliche weiße Stände, kleine Schilder wiesen auf die Namen der Verlage hin. Maßgeblich initiiert wurde die »Buchmesse Pop­up« unter anderem von Leif Greinus vom Verlag Voland&Quist und von Gunnar Cynybulk vom Kanon-Verlag. Auch die Verlage Ventil, Wagenbach, Katapult, Hanser Berlin, Aufbau, März, Suhrkamp, Verbrecher und das Verlagshaus Berlin waren vertreten, um nur ein paar zu nennen. Wichtig war den Organisatorinnen und Organisatoren der Pop-up-Buchmesse zu betonen, dass sich ihre Veranstaltung nicht gegen die etablierte Messe und gegen jene Verlage richtete, die dieses Jahr daran nicht hätten teilnehmen können.

Gunnar Cynybulk vom Kanon-Verlag betonte, dass trotz der Kurzfristigkeit selbstverständlich viele Vorgaben eingehalten werden mussten, um die Sicherheit von Besucherinnen und Besuchern zu gewährleisten. Er sei dankbar, mit einem so erfahrenen Team von Veranstalterinnen und Veranstaltern zusammenzuarbeiten. Trotz des Erfolgs der alternativen Veranstaltung ist er der Meinung, die große Buchmesse müsse es definitiv weiterhin in Leipzig geben.

Die Buchbranche habe es zurzeit nicht leicht: Nicht nur die Covid-19-Pandemie, sondern auch die Papierkrise führten zu Schwierigkeiten. Man bemerke die Papierknappheit und die steigenden Preise an vielen Stellen der Arbeit im Verlagswesen, so Cynybulk. Da Nachauf­lagen mitunter monatelang auf sich warten ließen, müsse man mit höheren Erstauflagen größere Risiken eingehen. Zudem sorgten sich kleine Verlage auch wegen steigender Energie- und Mietpreise.

Die Übersichtlichkeit der Messestände im Werk II bot Gelegenheit, mit den Vertreterinnen und Vertretern der kleinen und auch größeren Verlage ungezwungen und ausführlich ins Gespräch zu kommen. Offizielle Organisatoren und Organisatorinnen der Leipziger Buchmesse seien bei der alternativen Buchmesse nicht als Unterstützer dabei gewesen, wurde berichtet, jedoch habe ein freundlicher und offener Austausch stattgefunden. Zudem seien durch den kleineren Rahmen weitaus intensivere Gespräche mit Leserinnen und Lesern möglich gewesen, betonten Ludwig Lohmann vom Kanon-Verlag und Tillmann Severin vom Verlagshaus Berlin. Letzterer ist der Meinung, dass viele Mitwirkende der großen Buchmesse oftmals den Blick für die Leserinnen und Leser verlören und unterschätzten, wie wichtig die Besucherinnen und Besucher für den Erfolg einer Messe seien.

Trotz der Absage der offiziellen Leipziger Buchmesse fand die Ver­leihung des Leipziger Buchpreises wie gewohnt in den Glasgebäuden des Messegeländes statt. Aus 15 No­minierten wählte die Jury die Preisträgerinnen und Preisträger aus. Im Bereich Belletristik gewann der in Israel geborene deutschsprachige Schriftsteller Tomer Gardi mit seinem Roman »Eine runde Sache«, erschienen im Literarturverlag Droschl. In seiner Dankesrede sprach er auch über den Krieg in der Ukraine. Durch die Teilnahme von ukrainischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern und viele Solidaritätsbekundungen mit der Ukraine war der Krieg auf der Messe als Thema präsent. In der Kategorie Sachbuch/Essayistik gewann die Schriftstellerin Uljana Wolf mit ihrem Werk »Etymologischer Gossip: Essays und Reden«, erschienen im Verlag Kookbooks. Den Übersetzungspreis erhielt die Schriftstellerin und Übersetzerin Anne Weber für den französischen Roman »Nevermore« der Autorin ­Cécile Wajsbrot, erschienen im Wallstein-Verlag.

Barbara Kalender vom März-Verlag zeigte sich ebenfalls sichtlich zufrieden über den regen Austausch auf der Messe. Auch sie betont allerdings, dass es wichtig sei, die große Buchmesse in Leipzig aufrechtzuerhalten. Vielleicht ließe sich diese, so Kalender, in Zukunft so gestalten, dass sie verstärkt kleinere und unabhängige Verlage präsentiert. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der »Buchmesse Popup« konnten sich hingegen sehr gut vorstellen, die alternative Messe, eigentlich als einmalige Veranstaltung konzipiert, auch im nächsten Jahr wieder stattfinden zu lassen.