Homestory

Homestory #15

Homestory Von

Ostern hat ja was mit Auferstehung zu tun. Und auch dieses Jahr werden wieder ein paar Politzombies auferstehen, die manche wohl schon längst vergessen hatten. Für Samstag in Berlin-Kreuzberg kündigt sich zum Beispiel eine Demonstration an, die sich als »Berliner Ostermarsch« bezeichnet. »Die Waffen nieder!« heißt ihre Hauptforderung, und eine weitere: »Für eine neue Sicherheitsarchitektur von Lissabon bis Wladiwostok!« Wer das als realitätsfremde Träumereien von weltfremden Linken abtut, irrt. Auch ernstzunehmende Staatsmänner stellen in diesen Tagen ganz ähnliche Forderungen auf. Der ehemalige russische Präsident Dmitrij Medwedjew zum Beispiel forderte kürzlich, »ein offenes Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok« und auch er hätte sicher nichts dagegen, wenn die Ukraine »die Waffen nieder« legen würde.

Dass man der deutschen Friedensbewegung und ihren friedliebenden Parolen meistens nicht trauen darf, ist keine neue Erkenntnis. Den Urtext der Friedensbewegungskritik hat wohl Wolfgang Pohrt geschrieben, er trägt den Titel »Ein Volk, ein Reich, ein Frieden«. Damals musste man noch mit ideologiekritischer Akribie vorgehen, um der Friedensbewegung nachzuweisen, dass es ihr eigentlich um »deutschnationale Souveränität« geht, wie Pohrt damals schrieb. »Nun ist die Neutronenbombe zum Zünder für eine deutschnationale Erweckungsbewegung geworden. Die Alternativen sind ihre Massenbasis, und das Vaterland hat seine verstoßenen Kinder wieder fest in seine Arme geschlossen«, so Pohrt. Heutzutage sind die deutschen Freunde friedlicher Sicherheitsarchitekturen ein bisschen direkter, etwa wenn sie an der Seite von BDI und Bundesregierung vor einem Energieembargo gegen Russland warnen, weil es der deutschen Wirtschaft schaden würde. Sie sind aber auch zum Glück ein bisschen weniger zahlreich als damals.

Besonders friedensbewegt war nie jemand aus der Jungle-Redaktion, wie eine schnelle Umfrage ergab. Eine Mitarbeiterin meinte, sie sei wohl schon als Teenager zu zynisch dafür gewesen, oder zu pessimistisch. Ein Redakteur teilte mit, sein friedenspolitischer Ansatz hätte in der Zeit, als Pohrt seinen Essay schrieb, eher dem der Stooges entsprochen: »Search and Destroy« – ein Song, der vielleicht nicht für, aber auch sicher nicht gegen den Krieg ist. Eine passende Parole habe es damals auch gegeben: »Keine neuen Atomraketen, bevor die alten nicht verbraucht sind!« Diese eher offene Haltung zum Nuklearkrieg ist aber – bevor Gerüchte über ausufernden Bellizismus in der Jungle-Redaktion die Runde machen – nicht Redaktionslinie, sollte es eine solche überhaupt ­geben.