Die regierungskritischen Proteste in Sri Lanka eskalieren

Der letzte Bruder

Die politische Macht des Rajapaksa-Clans in Sri Lanka schwindet zu­sehends. Ein Ausweg aus der akuten Staatskrise ist noch nicht in Sicht.

Nun also wieder ein alter Bekannter: Am 12. Mai hat Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa einen neuen Premierminister ernannt, Ranil Wickremesinghe, der in der Vergangenheit bereits viermal die Regierung führte. Damit hofft das unter Druck stehende Staatsoberhaupt, die politische Lage im Land zumindest etwas zu beruhigen. Zuvor war am 9. Mai sein älterer Bruder Mahinda Rajapaksa, der bisherige Premierminister, zurückgetreten. Aus Sorge um seine Sicherheit wurde er zunächst auf eine stark gesicherte Militärbasis gebracht – die seit Wochen andauernden Proteste gegen die Brüder, denen unter anderem Misswirtschaft und Korruption vorgeworfen werden, waren vor allem auf den Straßen der Hauptstadt Colombo immer heftiger geworden. Dort hatten Unterstützer der Regierung am 9. Mai Demonstrierende angegriffen und mehrere von ihnen verletzt. Daraufhin setzten Protestierende Häuser und Büros mehrerer Politiker in Brand. Der Präsident erteilte den Ordnungskräften schließlich den Schießbefehl.

Insgesamt haben die Auseinandersetzungen schon neun Todesopfer und weit über 200 Verletzte gefordert. Anfang April war das gesamte Kabinett mit Ausnahme des Premierministers und des Präsidenten zurückgetreten. Gotabaya und Mahinda Rajapaksa hatten gehofft, so den Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen und selbst im Amt zu bleiben. Unter den Zurückgetretenen war auch ihr Bruder Basil Rajapaksa, der als Finanzminister wegen der Wirtschaftskrise besonders umstritten war, sowie ein weiterer ihrer Brüder und ein Neffe. Die Rechnung ging aber nicht auf. Der 76jährige Mahinda, Familienpatriarch und selbst von 2005 bis 2015 Präsident, räumte nun seinen Stuhl, um seinem 72jährigen Bruder Gotabaya etwas mehr Handlungsspielraum zu gewähren.

Die Kernparole der Protestierenden bleibt generell: »Gota, go home!« Der Präsident hat inzwischen selbst die Unterstützung etlicher Abgeordneter seiner eigenen Partei verloren.

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